Misshandelte Zuhälter eine Prostituierte?
Justiz Die beiden hatten sich vor Jahren über das Internet kennengelernt und verliebt. Jetzt erhebt die 38-jährige Frau schlimme Vorwürfe gegen den Mann. Allerdings zweifelt das Gericht an ihrer Aussage
Im Rotlichtmilieu ist die Sprache eindeutig, sie ist vulgär. Als frisch vereidigte Schöffin, die zum ersten Mal auf der Richterbank sitzt, muss man schon einiges ertragen können. So in einem Prozess, der seit dieser Woche vor der 3. Strafkammer des Landgerichts läuft. Als der Vorsitzende Richter die Aussage des Opfers, einer Prostituierten, zusammenfasst und von einem „Doppeldecker“spricht, ist jedermann im Gerichtssaal klar, hier ist kein Fahrzeug gemeint, sondern Sexpraktiken.
Der Angeklagte, ein gut aussehender junger Mann, soll mit einem Freund die Frau in einem Münchner Hotel vergewaltigt haben. „Ich wollte das nicht, aber ich habe Angst gehabt“, sagt die Zeugin. Der 28-Jährige ist offenbar auch ihr Zuhälter gewesen. Der Angeklagte, von den Anwälten Walter Rubach und Ulrich Swoboda verteidigt, schweigt zu diesen wie zu anderen Vorwürfen. Sein gutes Recht.
Und so ist das Gericht wesentlich auf Schilderungen des Opfers angewiesen. Doch der Prozess wird belastet durch einen Umstand, auf den Richter Roland Christiani die 38 Jahre alte Zeugin gleich zu Beginn der Verhandlung hinweist. Sie hat schon einmal Polizei und Justiz angelogen, ist deswegen auch verurteilt. Im Zusammenhang mit einer Erpressungsgeschichte. Die Rumä- nin hatte vor Jahren in München ein Bordell geleitet. Ein Freier war dort heimlich beim Sex gefilmt und anschließend mit den belastenden Aufnahmen erpresst worden.
Den Angeklagten hat die sehr zierliche Frau 2015 in Augsburg bei der Polizei angezeigt. Über mehrere Stunden schildert die Zeugin, wie der Angeklagte sie mit brutaler Gewalt immer wieder gezwungen habe, für ihn anschaffen zu gehen, ihr Tageseinnahmen zwischen 500 und 800 Euro abnahm. Einmal, so schildert sie, habe der Angeklagte ihre Hand in den Türrahmen gepresst und dann die Tür fest zugedrückt. Wie zum Beweis streckt sie den Richtern demonstrativ ihre linke Hand entgegen. Bei dem Vorfall wurden ihr Fingerkuppen abgequetscht. „Ich habe die blutenden Finger in mein Kleid gepackt und mich ins Klinikum fahren lassen.“Die Staatsanwaltschaft hat schweren Menschenhandel angeklagt. Im Fall einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine hohe Haftstrafe.
Kennengelernt hat sich das Paar 2010 über das Internetnetzwerk Facebook. Sie ist zu dem Zeitpunkt Betreiberin und Hausdame eines Münchner Bordells. In monatelangen Chats verliebt sich die Rumänin in ihren Landsmann. Sie zahlt ihm ein Flugticket, mietet ihn in ein Münchner Hotel ein. Ein Jahr später zieht das Paar nach Augsburg in den Stadtteil Oberhausen um. Die 38-Jährige arbeitet inzwischen auf Drängen ihres Freundes selbst als Prostituierte.
Er behauptet, hohe Schulden zu haben. Gläubiger in Rumänien würden ihn unter Druck setzen. Doch schon nach wenigen Monaten will die 38-Jährige keine Freier mehr empfangen, fordert ihren Freund auf, selbst sein Geld zu verdienen. Da wird sie nach eigenen Angaben zum ersten Mal von ihm verprügelt, eingeschüchtert macht sie weiter.
Der Prozess wird heute fortgesetzt.
Mit Gewalt zum Anschaffen gezwungen