Die Firnhaberau tanzt aus der Reihe
Im Stadtteil, der den Fasching mit einem traditionellen Umzug hochhält, gibt es eine besondere Entwicklung. Ganz Augsburg wächst, nur hier gehen die Uhren anders. Warum wohl?
Augsburg wächst. Ganz Augsburg? Nein, einer der von Statistikern so bezeichneten 42 Augsburger Stadtbezirke schrumpft. Die Zahl der Einwohner geht zurück. Jahr für Jahr. Die Statistiker haben ermittelt, dass es im besagten Stadtteil von Ende 2009 bis Mitte 2016 einen prozentualen Rückgang von 0,5 Prozent bei der Einwohnerzahl gegeben hat. In absoluten Zahlen ausgedrückt, sind es 26 Personen weniger. Der Blick richtet sich gen Osten. Es ist die Firnhaberau, die mit ihren derzeit 5175 Einwohnern aus der Statistik ausschert.
Denn in den anderen 41 Stadtbezirken gibt es ein Wachstum an Einwohnern, was sich jedoch höchst unterschiedlich zeigt. In Siebenbrunn zum Beispiel leben zur Jahresmitte genau zwei Einwohner mehr als Ende des Jahres 2009. Überschaubar ist die Zahl der Siebenbrunner allemal: Exakt sind es 101. Siebenbrunn ist somit der kleinste Stadtbezirk.
Die Statistik hat ohnehin ihre ei- Gesetze: Da manche Stadtteile in mehrere Bereiche untergliedert sind, ist Kriegshaber mit 18 690 Einwohnern größter Stadtbezirk. Der größte Stadtteil Augsburgs ist jedoch Lechhausen mit annähernd 35 700 Bewohnern. Das errechnet sich aus den Zahlen der Bezirke Lechhausen-Süd, -Ost, und -West. Ein Lechhausen-Nord gibt’s nicht.
Prozentual am stärksten gewachsen ist wegen des großen Baugebiets Göggingen-Ost mit einer Steigerung von 162,9 Prozent. Mit mehr als 1800 Zugängen seit Ende 2009 wohnen in diesem Gebiet fast 3000 Einwohner. Immense Zuwächse verzeichnen ferner die Stadtbezirke Am Schäfflerbach (plus 28,3 Prozent) und Links der Wertach (plus 24,3 Prozent). In der Firnhaberau wäre man wahrscheinlich froh, wenn der Stadtteil neben der Hammerschmiede (plus 5,8 Prozent) überhaupt ein wenig gewachsen wäre. Muss man sich jetzt Sorgen machen, dass die Firnhaberau ausstirbt?
„Um Gottes Willen nein“, sagt Elisabeth Rosenkranz, stellvertretende Pressesprecherin der Stadt. Sie wohnt in der Firnhaberau und weiß daher: „Es gibt sicher keinen Anlass, um sich um den Fortbestand der Firnhaberau Sorgen zu machen – einen Stadtteil, in dem ein hohes Maß an gewachsener Nachbarschaft besteht, der viel Ruhe bietet und mit dem Grün der Lechauen aber auch dem hervorragenden Sportangebt des TSV einen hohen Freizeitwert besitzt. Gleichzeitig ist die Innenstadt dank entsprechender Infrastruktur sehr nahe.“
Die Statistiker liefern eine Erklärung, warum die Entwicklung so eingetreten ist. Nach ihren Angaben ist die Firnhaberau mit einem Durchschnittsalter von 47,4 Jahren derzeit der älteste der 42 Stadtbezirke. Bemerkenswert sei außerdem, dass hier auch Altenquotient und Jugendquotient am höchsten sind. Übersetzt heißt dies: Im Vergleich zur „erwerbsfähigen Bevölkerung der 20- bis unter 65-Jährigen“wohnen dort sowohl relativ viele unter 20-Jährige als auch relativ viele ab 65-Jährige. Mit nur einem Drittel sei der Anteil der Single-Haushalte gering. Nur in Inningen und Berggenen heim sei er niedriger. Da die Anzahl der Haushalte in der Firnhaberau in etwa gleich geblieben ist, sei der Einwohnerschwund im Wesentlichen auf eine Verkleinerung der Haushalte zurückzuführen, sagen die Statistiker. Vielfach seien Kinder ausgezogen. Einen geringen Anteil habe zudem die natürliche Bevölkerungsentwicklung, da in der Firnhaberau die Anzahl der Sterbefälle etwa doppelt so hoch ist wie die der Geburten. Und was heißt dies für die Zukunft? Bis zum Jahr 2030 sei aufgrund der hohen Altersstruktur mit einer weiteren, wenngleich geringfügigen, Abnahme der Einwohnerzahl in Firnhaberau zu rechnen, prognostizieren die Statistiker.
Vom Aussterben sind die Menschen aus der Firnhaberau also keineswegs bedroht. Wäre doch schade. Denn auch daran darf erinnert werden: In der Firnhaberau wird der Fasching besonders gepflegt und hoch gehalten. Es ist der einzige Stadtteil, der Jahr für Jahr einen Faschingsumzug auf die Beine stellt – unter dem Motto „Jux und Radau in der Firnhaberau“.