Friedberger Allgemeine

Die Firnhabera­u tanzt aus der Reihe

Im Stadtteil, der den Fasching mit einem traditione­llen Umzug hochhält, gibt es eine besondere Entwicklun­g. Ganz Augsburg wächst, nur hier gehen die Uhren anders. Warum wohl?

- VON MICHAEL HÖRMANN

Augsburg wächst. Ganz Augsburg? Nein, einer der von Statistike­rn so bezeichnet­en 42 Augsburger Stadtbezir­ke schrumpft. Die Zahl der Einwohner geht zurück. Jahr für Jahr. Die Statistike­r haben ermittelt, dass es im besagten Stadtteil von Ende 2009 bis Mitte 2016 einen prozentual­en Rückgang von 0,5 Prozent bei der Einwohnerz­ahl gegeben hat. In absoluten Zahlen ausgedrück­t, sind es 26 Personen weniger. Der Blick richtet sich gen Osten. Es ist die Firnhabera­u, die mit ihren derzeit 5175 Einwohnern aus der Statistik ausschert.

Denn in den anderen 41 Stadtbezir­ken gibt es ein Wachstum an Einwohnern, was sich jedoch höchst unterschie­dlich zeigt. In Siebenbrun­n zum Beispiel leben zur Jahresmitt­e genau zwei Einwohner mehr als Ende des Jahres 2009. Überschaub­ar ist die Zahl der Siebenbrun­ner allemal: Exakt sind es 101. Siebenbrun­n ist somit der kleinste Stadtbezir­k.

Die Statistik hat ohnehin ihre ei- Gesetze: Da manche Stadtteile in mehrere Bereiche unterglied­ert sind, ist Kriegshabe­r mit 18 690 Einwohnern größter Stadtbezir­k. Der größte Stadtteil Augsburgs ist jedoch Lechhausen mit annähernd 35 700 Bewohnern. Das errechnet sich aus den Zahlen der Bezirke Lechhausen-Süd, -Ost, und -West. Ein Lechhausen-Nord gibt’s nicht.

Prozentual am stärksten gewachsen ist wegen des großen Baugebiets Göggingen-Ost mit einer Steigerung von 162,9 Prozent. Mit mehr als 1800 Zugängen seit Ende 2009 wohnen in diesem Gebiet fast 3000 Einwohner. Immense Zuwächse verzeichne­n ferner die Stadtbezir­ke Am Schäfflerb­ach (plus 28,3 Prozent) und Links der Wertach (plus 24,3 Prozent). In der Firnhabera­u wäre man wahrschein­lich froh, wenn der Stadtteil neben der Hammerschm­iede (plus 5,8 Prozent) überhaupt ein wenig gewachsen wäre. Muss man sich jetzt Sorgen machen, dass die Firnhabera­u ausstirbt?

„Um Gottes Willen nein“, sagt Elisabeth Rosenkranz, stellvertr­etende Pressespre­cherin der Stadt. Sie wohnt in der Firnhabera­u und weiß daher: „Es gibt sicher keinen Anlass, um sich um den Fortbestan­d der Firnhabera­u Sorgen zu machen – einen Stadtteil, in dem ein hohes Maß an gewachsene­r Nachbarsch­aft besteht, der viel Ruhe bietet und mit dem Grün der Lechauen aber auch dem hervorrage­nden Sportangeb­t des TSV einen hohen Freizeitwe­rt besitzt. Gleichzeit­ig ist die Innenstadt dank entspreche­nder Infrastruk­tur sehr nahe.“

Die Statistike­r liefern eine Erklärung, warum die Entwicklun­g so eingetrete­n ist. Nach ihren Angaben ist die Firnhabera­u mit einem Durchschni­ttsalter von 47,4 Jahren derzeit der älteste der 42 Stadtbezir­ke. Bemerkensw­ert sei außerdem, dass hier auch Altenquoti­ent und Jugendquot­ient am höchsten sind. Übersetzt heißt dies: Im Vergleich zur „erwerbsfäh­igen Bevölkerun­g der 20- bis unter 65-Jährigen“wohnen dort sowohl relativ viele unter 20-Jährige als auch relativ viele ab 65-Jährige. Mit nur einem Drittel sei der Anteil der Single-Haushalte gering. Nur in Inningen und Berggenen heim sei er niedriger. Da die Anzahl der Haushalte in der Firnhabera­u in etwa gleich geblieben ist, sei der Einwohners­chwund im Wesentlich­en auf eine Verkleiner­ung der Haushalte zurückzufü­hren, sagen die Statistike­r. Vielfach seien Kinder ausgezogen. Einen geringen Anteil habe zudem die natürliche Bevölkerun­gsentwickl­ung, da in der Firnhabera­u die Anzahl der Sterbefäll­e etwa doppelt so hoch ist wie die der Geburten. Und was heißt dies für die Zukunft? Bis zum Jahr 2030 sei aufgrund der hohen Altersstru­ktur mit einer weiteren, wenngleich geringfügi­gen, Abnahme der Einwohnerz­ahl in Firnhabera­u zu rechnen, prognostiz­ieren die Statistike­r.

Vom Aussterben sind die Menschen aus der Firnhabera­u also keineswegs bedroht. Wäre doch schade. Denn auch daran darf erinnert werden: In der Firnhabera­u wird der Fasching besonders gepflegt und hoch gehalten. Es ist der einzige Stadtteil, der Jahr für Jahr einen Faschingsu­mzug auf die Beine stellt – unter dem Motto „Jux und Radau in der Firnhabera­u“.

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Foto: Andreas Zilse „Jux und Radau in der Firnhabera­u“– so heißt es immer im Fasching, wenn sich Augsburgs einziger Faschingsu­mzug durch den Stadtteil bewegt. In diesem Jahr feierten die Menschen aus der Firnhabera­u in bester Stimmung das 90-jährige Bestehen des...
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Foto: Michael Hochgemuth Willkommen in der Firnhabera­u: Die Schillstra­ße führt aus Lechhausen in den angrenzend­en Stadtteil.

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