Spielekonsolen haben Pause – die Natur ruft
Was bringt Kinder heute noch dazu, ins Zeltlager zu gehen? Die Nintendo-Generation gibt Antworten
Pöttmes-Handzell Kinder strecken ihre Köpfe zusammen, stürzen von der Tischtennisplatte zum Basketballplatz, jagen über Äste. Aber sie schielen auf keine Displays oder suchen Pokémons. Nein, diese Jugendlichen nehmen am Sommerzeltlager „Let’s go Camping“des Kreisjugendrings (KJR) AichachFriedberg am Mandlachsee teil, das eine Woche dauert. Gottfriede Schwitters, Geschäftsführerin des KJR Aichach-Friedberg, sagt: „Wir haben 72 Kinder hier im Alter von sieben bis fünfzehn Jahren – normalerweise sind es nicht so viele. Warum dieses Jahr so viele kommen, wissen wir nicht.“Laura, 9 Jahre, hat eine Antwort: „Hier hat man viel Platz zum Spielen und man findet neue Freunde. Man entdeckt neue Dinge, kein Tag ist gleich.“
Tägliche Rituale gibt es aber doch: Morgens spielt die Gruppe ein Großgruppenspiel. Die 19-jährige Betreuerin Enya erklärt, was sich dahinter verbirgt: Die Ausgangsposition ist ein Kreis. Die Jugendlichen halten sich an den Händen. Dann lassen sie los und gehen mit verschlossenen Augen in die Kreismitte. Ziel ist es, einen neuen Kreis zu bilden. Jeden Abend gibt es ein Lagerfeuer, an dem die Jugendlichen mal Marshmallow, mal Stockbrot grillen. Nach dem Motto „Reise um die Welt“steht jeder Tag im Zeichen eines Landes.
Montags lernen die Kinder Indien kennen – mit Tattoos und indischer Gemüsepfanne zum Abendessen. Weiter geht es in den kalten regnerischen Norden: Der Zeltplatz hat sich in Irland verwandelt. Die Jugendlichen gehen auf Schatzsuche. Nächster Stop: Australien. Die Kinder entdecken den Kontinent mit Rätseln und selbst gebastelten Armbändern. Fußball und England, das passt, und so stand am England-Tag ein Fußballturnier auf dem Programm. Am Tag vor der Abreise freuen sich die Jugendlichen über Barbecue: Die USA schließt die Reise um die Welt. Wer keine Lust auf Angebote wie Fußballspielen hat, „der zieht sich zurück oder macht etwas anderes“, sagt Gottfriede Schwitters. Matthias, Daniel, Alex, Sascha, Emil und Lukas werfen Körbe. „Ich mag die Gemeinschaft hier“, meint Matthias, 13. Der elfjährige Sascha fällt ihm ins Wort: „Und die netten Betreuerinnen.“
Die 18-jährige Katharina ist eine dieser Betreuerinnen. Sie macht eine Ausbildung zur Erzieherin und ist wegen der Kinder hier: „Ich will sie unterstützen, sie für neue Dinge begeistern.“Diese Freude spüren die Kinder. Viele waren schon einmal im Zeltlager des KJR. Die Geschwister Lisa und Anna schon zweimal, ihre jüngste Schwester Calla ist zum ersten Mal dabei: „Das Baden im Mandlachsee ist toll und das Essen schmeckt auch immer“, erzählt Lisa, während die beiden anderen zustimmend nicken.
Viele Geschwister sind im Zeltlager, aber auch Freunde, die die Sommerferien zusammen verbringen möchten. Jakob, 12, berichtet: „Ein Freund hat mir von dem Zeltlager erzählt. Nun sind wir beide da und übernachten in der freien Natur.“Jedes Zelt hat eine eigene Flagge und einen Namen. Die Jungs Leon, Toby, Josh, Leon und Ryan tauften ihr Zelt „Die Kampfbiber“. Die fünf liegen entspannt in ihren Schlafsäcken und „chillen“. Genau das macht Zelten noch heute für Jugendliche attraktiv: kreatives Basteln, Spielen in der Natur und vor allem neue Freundschaften. Da haben Handy oder Playstation für eine Weile Sendepause. »Lies mich!