Mann belog alle – selbst seine Ehefrau
Weil der Ingenieur wegen seiner Vorstrafen keine Wohnung fand, mietete das Paar Ferienappartements, bezahlte aber nie. Für den 54-Jährigen hat dies schwerwiegende Folgen
Immer mächtiger wurde die Lawine, die ein 54-jähriger Mann mit Betrügereien losgetreten hatte. Zur Verhandlung vor dem Amtsgericht wegen gewerbsmäßigen Betrugs wurden er und seine 56-jährige Ehefrau aus dem Gefängnis vorgeführt. Während sie nach einem Freispruch aus der Haft entlassen wurde, kamen zu seinem Strafregister weitere eineinhalb Jahre Haft hinzu. Der Prozess wurde den beiden gemacht, weil sie sich monatelang in Ferienwohnungen in Österreich aufgehalten hatten und Rechnungen in Höhe von 6000 Euro schuldig geblieben waren.
Die Schwierigkeiten für das Ehepaar hatten sich angekündigt – zumindest für den 54-jährigen Maschinenbauingenieur. Seine Ehefrau, von Beruf Krankenschwester und Ausbilderin, war hingegen nach Ansicht von Richterin Ulrike EbelScheufele fortwährend „hinters Licht geführt“worden. Weil gegen den Ehemann wegen vorangegangener Delikte ein Haftbefehl erlassen worden war, hatten die beiden Probleme, sich in Deutschland eine neue Bleibe zu suchen. Die alte Wohnung in Augsburg war aufgegeben worden. Während sie in dem Glauben war, der gesamte Hausrat sei auf dem Weg nach Neuseeland, wo man sich eine neue Existenz aufbauen wollte, wusste er, dass die Sachen nach einer Zwangsräumung gepfändet worden waren.
Wo also bleiben? Man kam auf die Idee, Ferienwohnungen anzumieten. Von Mellau ging es nach Hardt, Feldkirch, Schoppernau. Mal blieb man sechs Wochen, ein anderes Mal nur 20 Tage, so lange, wie sich Zahlungen an die Vermieter hinausziehen ließen. Insgesamt fünf Fälle aus einem Zeitraum zwischen Oktober 2014 und dem Sommer 2015 waren angefallen, wo die Bezahlung ganz oder teilweise ausblieb. Während er sie glauben ließ, er habe die Wohnungen bezahlt, verschwand man jeweils kurz vor der Geldübergabe.
Eine Vermieterin, die als Zeugin aus dem österreichischen Vorarlberg angereist war, bestätigte diese Vorgehensweise. Insgesamt acht Mal habe der Angeklagte die Wohnungsanmietung verlängert, so lange, bis allein bei ihr eine Mietschuld von 2500 Euro aufgelaufen war. Einen Tag vor der angekündigten Bezahlung war der Angeklagte verschwunden, auf ihr Geld warte sie bis heute.
Der Ingenieur räumte die Vorwürfe ein. Er sei auf der Flucht vor der Vollstreckung des Haftbefehls gewesen, so sei eines zum andern gekommen. Er habe bis zuletzt die Hoffnung gehabt, die Ferienwohnungen bezahlen zu können. Der Zeugin versprach er, dies nachzuholen, sobald er es könne. „Ich verstehe das Ganze selber nicht“, sagte er dem Gericht.
Seine Ehefrau, die ihren Partner kaum eines Blickes würdigte, musste sich immer wieder tief enttäuscht abwenden. Ihr Verteidiger Andreas Fischer führte aus, das einige der fünf Delikte, mit denen sie im Bundeszentralregister eingetragen ist, aufgrund von Verfehlungen ihres Ehemannes entstanden seien. So sei sie in Haft genommen worden, obwohl sie nie etwas von einem gegen sie laufenden Verfahren gemerkt habe. Der Mann habe ihr den gesamten Schriftverkehr unterschlagen, Unterschriften nachgeahmt.
Richterin Ebel-Scheufele folgte in ihrem Urteil für die angeklagte Ehefrau der Forderung der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers nach einem Freispruch. Die Beweisaufnahme habe zusätzlich zum Geständnis des Ehemannes ergeben, dass die 56-Jährige wohl in die Machenschaften ihres Partners hineingezogen worden sei. In ihrem Fall gelte die Devise „im Zweifel für die Angeklagte“.
Weniger glimpflich kam der 54-Jährige davon, dem die Richterin hohe kriminelle Energie attestierte und bei dem sie keine günstige Sozialprognose erkennen konnte. Immerhin stünden für ihn seit Mitte der 90er Jahre zehn einschlägige Urteile wegen Betrügereien in den Akten. Mit dem Urteil von einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen gewerbsmäßigen Betrugs bewegte sie sich in der Mitte der Forderungen der Staatsanwaltschaft und seines Verteidigers Jörg Seubert.
Eine Aussetzung zur Bewährung kam für den Angeklagten nicht in Betracht. Er wurde nach der Verhandlung von Justizmitarbeitern zurück in seine Gefängniszelle gebracht.
Der Angeklagte versteht „die Sache selber nicht“