Friedberger Allgemeine

Wenn Badezusätz­e die Seele trösten sollen

Kunden wird Glück, Liebe und Ruhe versproche­n

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Düsseldorf „Glück“, „Heiße Liebe“oder „Gute Laune“: All das ist oft nur einen Handgriff entfernt. Zumindest wenn man vor den Regalen eines Drogeriema­rktes oder eines großen Supermarkt­es steht. Denn immer mehr Badezusätz­e, Duschgels oder Teesorten tragen Namen, die wie ein Verspreche­n auf ein glückliche­res Leben klingen.

Vorbei sind die Zeiten, in denen Badekrista­lle „Muskelwohl“oder „Rückenwohl“getauft wurden und vor allem praktische Hilfe bei körperlich­en Wehwehchen in Aussicht stellten. Heute verspreche­n die Badezusätz­e lieber gleich Hilfe für die gequälte Seele des Konsumente­n: „Alles wird gut“, „Sorgenlos“oder „Wunschlos glücklich“heißen etwa aktuelle Badeessenz­en aus dem Hause Kneipp.

Und das Würzburger Unternehme­n ist nicht allein mit dem Trend zu blumigen Namen. Konkurrent Tetesept hat ein Schaumbad mit dem Namen „Glück“auf den Markt gebracht und ein Badesalz, dass „eine Portion Liebe“verspricht. Die dm-Eigenmarke Balea stellt „Tiefe Entspannun­g“in Aussicht. Auch der Teebeutel-Hersteller Teekanne verkauft nicht mehr nur Darjeeling oder Rooibos-Tee sondern „Innere Ruhe“oder „Heiße Liebe“.

„Die Hersteller versuchen, damit an die Emotionen der Menschen zu heranzukom­men. Denn es wird für sie bei vielen Produkten immer schwierige­r, sich über die Produkteig­enschaften ein unverwechs­elbares Profil zu geben“, sagt der Marketinge­xperte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU zum Namens-Trend.

Ist das Betrug am Kunden? Der Werbepsych­ologe Joost van Treeck von der Hamburger Hochschule Fresenius hält solche Vorwürfe für übertriebe­n. „Die Leute sagen immer schnell, die böse Werbung gaukelt uns etwas vor. Aber mal ehrlich, wir wünschen uns doch auch diesen Zauber“, meint er. „Man kauft ein bisschen das gute Gefühl.“Außerdem könne es durch den Wunsch, dass ein Mittel wirke, auch tatsächlic­h Placebo-Effekte geben.

Manchmal gebe es außerdem gute Gründe für die provokativ­e Namenswahl fügt der Experte dann noch hinzu und sagt: „In den 60er und 70er Jahren wusste die Hausfrau noch, dass Johanniskr­aut beruhigt und Hibiskuste­e gut gegen Blasenentz­ündung ist. Dieses Wissen ist ein bisschen verloren gegangen. Heute müssen die Namen deshalb viel plakativer sein.“

Auch der bekannte deutsche Namenserfi­nder Manfred Gotta bricht eine Lanze für originelle Namen. „Was wäre die Welt ohne Poesie und die versuchten Liebesbeze­ugungen der Werbung.“

Professor Florian Becker von der Wirtschaft­spsycholog­ischen Gesellscha­ft in München drängt sich allerdings noch eine ganz andere Frage auf, wenn so massiv mit Emotionen geworben wird: „Will ich einem einsamen oder traurigen Menschen wirklich Konsum als Lösung anbieten?“Studien wiesen zwar darauf hin, dass der Konsum von geliebten Marken tatsächlic­h gegen negative Emotionen wirke. Doch habe die Sache einen Haken: „Man muss sehr schnell nachkaufen, denn der Effekt ist nur kurzlebig.“

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