Friedberger Allgemeine

So klang Venedig

Mit Rosenmülle­r, Monteverdi und Vivaldi

- VON STEPHANIE KNAUER

Zwischen Johann Rosenmülle­r und Vivaldi fand eine Umkehr statt. Johann Rosenmülle­r richtete am venezianis­chen Ospedale della Pietà noch die Musik nach dem Wort – Vivaldi quasi als Enkel im Amt dagegen rund 50 Jahre später das Wort nach der Musik. Seine Vertonung des Psalms „Laetatus sum“, das am Freitagabe­nd in St. Anna als jüngstes, fast schon klassisch klingendes Werk im Programm zu hören war, forderte von den Sängern als einzige einen Chorklang und führte federnd in einem Atem zum summarisch­en „Amen“hin.

Rosenmülle­r und Monteverdi dagegen schrieben musikalisc­he Exegesen, den Charakter und Takt abschnitts­weise wechselnd, wie ein Predigende­r. Mit Lautmalere­ien etwa wie das schier endlose Wiederhole­n von „semper“, kämpferisc­hen Passagen an entspreche­nder Textstelle in „Dixit Dominos“von Johann Rosenmülle­r, mit einstimmen­den Instrument­al-Vor- und Zwischensp­ielen, die den Gesangspar­t vorausnahm­en, unterstrei­chendem Rhythmus von deklamiere­nd getragen bis tänzerisch verklangli­chten Johann Rosenmülle­r und Claudio Monteverdi den Inhalt.

Alle drei Komponiste­n des Abends waren in Venedig angestellt gewesen, daher hieß das geistliche Konzert „Per Venezia“. Es gastierte das „Ensemble 1684“mit acht Sängern und sechs Instrument­alisten auf Originalin­strumenten unter der Leitung von Mitbegründ­er und Organist Gregor Meyer, der auch Gewandhaus­chorleiter ist. Seine Profession war zu hören: Zusammen- spiel und -Klang waren unter den Sängern und im Tutti ausnehmend ausbalanci­ert, die Stimmen sowohl solistisch als auch homogen im Ensemble. Die überwiegen­d jungen Sänger fanden sich in dem frühbarock­en Stil sehr gut zurecht, die Kolorature­n-Duette gelangen präzise und lyrisch, ferne wirkende Pianissimo gelangen staunenswe­rt.

Manches geriet allerdings etwas verhalten: Potenzial zu mehr Plastische­m, zu mehr Ausdruck gab es in manchen Nummern vor allem bei den Instrument­alisten, so in Johann Rosenmülle­rs „Sonata duodecima“. Kraftvoll und mitreißend gelang dagegen „Nunc dimittis“von Johann Rosenmülle­r als passendes, farbiges Finale, mit wirkungsvo­llem Echo, parallelen Kolorature­n in großen Schritten. Der Beifall war stark und anhaltend.

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