Friedberger Allgemeine

Immer mehr Bayern sind bewaffnet

Anträge Die Zahl der Waffensche­ine steigt. Sicherheit schafft das jedoch nicht, sagt die Polizei

- VON NIKLAS MOLTER Foto: Killig, dpa

Augsburg Nein, eine Erklärung hat er so recht nicht. Eine Erklärung, warum in Bayern das Interesse an Waffen so stark wächst – so stark, dass die reinen Zahlen aufhorchen lassen: Im Freistaat ist in den vergangene­n acht Monaten die Zahl der kleinen Waffensche­ine um mehr als 50 Prozent gestiegen: von rund 47000 im vergangene­n Oktober auf knapp 72000 bis Ende Juni. Einen kleinen Waffensche­in braucht, wer in der Öffentlich­keit eine Schrecksch­ussoder eine Reizgaspis­tole tragen will.

Und das wollen offenbar immer mehr Menschen. Ihre immer weiter steigende Zahl ist es, für die Michael Siefener nicht so recht eine Erklärung findet. Siefener ist Pressespre­cher des bayerische­n Innenminis­teriums. „Es gibt keinen objektiv nachvollzi­ehbaren Grund für einen solchen Anstieg“, sagt er. Die objektive Sicherheit­slage in Bayern habe sich nicht verschlech­tert, auch in den vergangene­n Monaten nicht, betont er. Im Gegenteil: Beim Thema Einbrecher beispielsw­eise seien der Polizei zuletzt Erfolge gelungen.

Steht die Zunahme der Waffensche­ine im Freistaat im Zusammenha­ng mit Ereignisse­n wie der Silvestern­acht in Köln, die viele beunruhigt hat? Siefener möchte sich an solchen Spekulatio­nen nicht beteiligen. „Das müsste man diejenigen fragen, die einen kleinen Waffensche­in beantragen“, sagt er. Denn wer einen Antrag für einen solchen stellt, muss keinen Grund angeben, muss nicht sagen, wofür er beispielsw­eise seine neue Schrecksch­usspistole benötigt.

Anders ist es beim großen Waffensche­in: Wer „scharfe“Schusswaff­en wie Pistolen oder Gewehre geladen in der Öffentlich­keit tragen möchte, muss zuvor nachweisen, dass das wirklich nötig ist. Die Zahl der großen Waffensche­ine wächst vielerorts ebenfalls – wenn auch auf niedrigem Niveau. In Schwaben wurden vergangene­s Jahr 31 große Waffensche­ine ausgestell­t. 2014 waren es 14 und 2013 sechs.

Manfred Gottschalk, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord, sieht die zunehmende Bewaffnung mit Sorge. „Ich kann mir das nur so erklären, dass sich viele von einer Waffe ein Gefühl von Sicherheit erhoffen“, sagt er. Doch diese Hoffnung sei trügerisch. „Eine Waffe vermittelt keine Sicherheit“, betont Gottschalk. Wer etwa eine Schrecksch­usspistole trage, bringe sich dadurch gegebenenf­alls selbst in Gefahr. „Nicht jeder erkennt sofort, um welche Waffe es sich handelt“, sagt Gottschalk. „Das kann zu Gegenreakt­ionen führen.“Warum sich immer mehr Menschen eine Waffe zulegen, kann der Polizist nicht verstehen: „Wir haben keinerlei Erkenntnis­se über ein erhöhtes Sicherheit­srisiko in der Region.“»Kommentar

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Ein kleiner Waffensche­in und Schrecksch­usspistole.

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