Fahrradstadt: Das Wegenetz ist noch löchrig
Bald ist Halbzeit bei dem bis 2020 laufenden Projekt. Es ist viel passiert, aber von der Anfangseuphorie ist wenig übrig. Dieses Jahr sind größere Baumaßnahmen geplant und auch ein Rad-Schnellweg ist im Gespräch
In der Sauna des Alten Stadtbades ist am Freitagabend gegen 20.40 Uhr eine Frau sexuell belästigt worden. Nach Angaben der Polizei hielt sich die 58-Jährige im Duschbereich auf. Dort habe sie ein 39-Jähriger bedrängt und unsittlich berührt. Die Polizei konnte den mutmaßlichen Täter noch vor Ort festnehmen.
Unbekannter rammt Notarzt und fährt weiter
Auf der B 17 ist am Freitagabend ein Notarztfahrzeug angefahren worden – der Verursacher flüchtete laut Polizei. Der Notarzt war – ohne Blaulicht und Martinshorn – zwischen den Anschlussstellen Nestackerweg und Ackermann-Straße im Tunnel unterwegs. Der Sanitäter sah im Rückspiegel ein schnell aufschließendes dunkles Auto. Laut Polizei wechselte der Pkw kurz hinter dem Einsatzfahrzeug auf die linke Spur. Dabei touchierte er das Notarztfahrzeug an der linken Seite und drängte es ab. Der Sanitäter konnte eine Kollision mit der Tunnelwand verhindern. Trotzdem entstand ein Schaden von etwa 10 000 Euro. Der Unfallverursacher fuhr laut Polizei weiter. Zeugen des Unfalls werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 0821/323-1910 zu melden.
Schlägerei nach Ausflug zum Skifahren
Unschönes Ende eines Skiausflugs: Am Samstagabend gerieten zwei alkoholisierte Teilnehmer eine Tagesskifahrt in Streit. Laut Polizeibericht schlugen die beiden Männer – 30 und 41 Jahre alt – nach der Rückkehr des Busses gegen 22 Uhr auf dem Parkplatz am Plärrer (Langenmantelstraße) aufeinander ein. Der Auslöser des handfesten Streites war zunächst unklar.
Passant bemerkt brennende Tonnen
Ein unbekannter Täter zündete am frühen Samstagmorgen vor einem Haus in der Zugspitzstraße eine Papiertonne an. Drei weitere Tonnen gerieten in Brand. Ein Passant bemerkte den Brand und klingelte bei den Hausbewohnern. Ein Anwohner konnte den Brand mit einem Feuerlöscher eindämmen. Die Polizei bittet um Hinweise unter der Nummer 0821/323-2310.
Fünfstelliger Schaden bei Brand in Dachwohnung
Beim Brand einer Dachgeschosswohnung in der Neuburger Straße am Sonntagmorgen gegen 6 Uhr ist ein Schaden im unteren fünfstelligen Bereich entstanden. Als die Feuerwehr eintraf, hatten alle Bewohner das Haus verlassen. Verletzt wurde niemand. Zwei Personen wurden vorsichtshalber auf eine Rauchvergiftung untersucht. Die Feuerwehr löschte den Brand mit einer Drehleiter. Die Stadt möchte in diesem Jahr wesentliche Teile einer Haupt-Fahrradachse in den Augsburger Norden fertigstellen. In der Langenmantelstraße am Plärrer soll ein Radweg entstehen. Dafür wird in jede Richtung eine Autospur wegfallen. Und in der daran anschließenden Donauwörther Straße plant die Stadt eine Verbreiterung der bestehenden Radwege, um ein Überholen zu ermöglichen. Staugefahr für Autos sieht die Stadt dadurch nicht.
Inzwischen ist das Projekt Fahrradstadt 2020, das den Anteil des Radverkehrs bis zum Jahr 2020 auf 25 Prozent steigern will, im fünften Jahr, seit zwei Jahren steht ein Wegenetzplan. Das Gerüst sind mehrere Hauptachsen, etwa von Augsburg-Nord bis zum Brunntal, von Haunstetten/Königsbrunn zum Roten Tor oder von Stadtbergen durch Pfersee zum Hauptbahnhof (siehe Grafik). „Schnell, direkt, zügig“, beschreibt Ralf Kaulen, dessen Verkehrsplanungsbüro das Projekt begleitet, die Philosophie.
Doch so richtig in Fahrt scheint das Projekt bisher nicht gekommen zu sein. Dabei hat die Stadt schon einiges getan. An einigen Hauptverkehrsstraßen, wo kein Platz für einen „echten“Radstreifen ist, wurden Schutzstreifen markiert. Diese Streifen mit gestrichelten Linien sind Radlern vorbehalten, Autos können bei Gegenverkehr aber darauf ausweichen. Und viele Einbahnstraßen wurden für Radler freigegeben. Doch ein großes symbolträchtiges Projekt – abgesehen von der Radlnacht im vergangenen Sommer – gab es bisher noch nicht. Das liegt an langen Planungszeiträumen, zu wenig Personal (es gibt keine Bewerber) und zu wenig Geld.
Immerhin sind in diesem Jahr auf Antrag der Grünen, die am Freitagabend eine Podiumsdiskussion zum Stand der Fahrradstadt abhielten, 300 000 Euro an Planungsmitteln für eine Entschärfung der Situation in der Holzbachstraße vorgesehen – dort bekommen die Radler künftig einen Radweg über dem Kanal. Mit insgesamt 1,9 Millionen Euro steht mehr Geld zur Verfügung als in den Vorjahren, schon jetzt sind fix 1,6 Millionen für kommendes Jahr im Haushalt verankert.
„Es geht voran, aber es müsste schneller gehen“, sagt das Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, Janos Korda. „Jede Autobahn oder jedes Nahverkehrsprojekt, die ja alle deutlich teurer sind als Fahrradprojekte, Die AfD-Stadträte Markus Bayerbach und Thorsten Kunze haben beim Neujahrsempfang ihrer Partei am Samstagabend der Stadtregierung vorgeworfen, bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu versagen. Indirekt verknüpften sie die Thematik mit der Flüchtlingssituation. Obdachlose, Arbeiter, Studenten, EU-Zuwanderer, Behinderte und Flüchtlinge konkurrierten um günstigen Wohnraum. „Unser Oberbürgermeister würde jetzt sagen, dass ich Gruppen gegeneinander ausspiele: Stimmt. Denn sie werden ja in der Realität bei jeder Wohnungsbesichtigung gegeneinander ausgespielt“, so Bayerbach.
Während sich die beiden Stadträte im Stadtrat moderat geben, gab es bei der Parteiveranstaltung Samstagabend schärfere Töne. „Wenn für Leute, die 60 Jahre lang gearbeitet haben und die in Altersarmut stecken, wenig, für Wirtschaftsflüchtlinge mehr getan wird, als das Grundgesetz verlangt, dann ist das nicht mein Deutschland, sondern ist von Anfang an durchfinanziert. Das Geld ist einfach da. Das ist beim Radverkehr nicht so.“Stattdessen werde Jahr für Jahr nach Haushaltslage Geld in Radwege gesteckt. „Der Flächenbrand ist noch nicht erreicht“, sagt auch Planer Kaulen. Trotzdem sei Augsburg weiter als andere Städte.
280 Kilometer lang ist das Radwegenetz, das für die Fahrradstadt 2020 angegangen werden soll. Dass in drei Jahren alles fertig ist, ist sehr unwahrscheinlich, auch wenn man die Zahl nicht so missverstehen darf, dass 280 Kilometer Radwege neu gebaut werden müssten. Viele der Radwege gibt es schon, aber sie sind zu schmal, um viele Radler aufzunehmen oder ein Überholen zu ermöglichen. Auch an Kreuzungen läuft es nicht flüssig.
Die Stadt will 2017 unter anderem in der Langenmantelstraße Radspuren anlegen. Im Bauausschuss gab es verhaltenen Widerstand, weil Staus befürchtet wurden. Baureferent Merkle hält dem entgegen, dass die Gesundbrunnenstraße als Zubringer ja auch teils einspurig ist, ohne dass es Staus gibt. Und in der nördlichen Donauwörther Straße ist die Autospur überbreit, sodass der Radweg breiter werden kann. Dort herrscht im Berufsverkehr Stau, seit wegen der Tram eine Autospur wegfiel, doch die verbliebene Spur zu verschmälern, dürfte die Situation nicht verschlechtern. Im Bereich zwischen Wertachbrücke und Bärenwirt müssten aber wohl Parkplätze wegfallen. Weitere für dieses Jahr geplante Projekte sind:
Maximilianstraße Hier soll der erste von vier Bauabschnitten angegangen werden, in dem Radler Streifen aus gesägtem Pflaster (bisher nur am Herkulesbrunnen) bekommen. In vier Jahren soll die Straße komplett ausgestattet sein.
Lechhauser Straße Dort soll ein Radweg stadteinwärts zwischen Schlössle und Ulrichsbrücke entstehen. Auch die Situation am Schlössle selbst soll verbessert werden.
Neusässer Straße In der Nähe des Klinikums soll ein Radweg gebaut werden.
Jakobertor Bau einer Brücke über den Stadtgraben, sodass die OstWest-Radachse zwischen Bahnhof und Jakobertor komplett ist.
In der Postillionstraße in Haunstetten, wo das neue Wohngebiet Haunstetten Süd-West entstehen soll, denkt die Stadt über eine Fahrradstraße nach. Zudem sei man in Gesprächen mit Königsbrunn, was einen Fahrradschnellweg zwischen beiden Stadtzentren betrifft. „In Planung haben wir Verbesserungen in der Berliner Allee, der Stadtbachstraße und der Bürgermeister-Ulrich-Straße“, so Merkle.
Neben der Infrastruktur ist aber auch das Miteinander von Autofahrern, Fußgängern und Radlern nach wie vor ein Thema. Umweltreferent Reiner Erben (Grüne), der selbst täglich radelt, sagt, dass hier noch Luft nach oben ist. „In der KonradAdenauer-Allee war neulich hinter mir ein Autofahrer, der es nicht verstehen konnte, dass ich dort gefahren bin.“Dabei ist dieser Tempo-30-Bereich für Radler mitgedacht. Radler seien noch nicht selbstverständlich. „Autofahrer sollten sich auch vor Augen halten, dass jeder Radler, der neben ihnen fährt, ein Autofahrer weniger ist, der vor ihnen die Straße verstopft“, so Korda.