Kann Politik in 140 Zeichen funktionieren?
Donald Trump nutzt Twitter zum Regieren. Auch Landtagsabgeordnete und Bundestagskandidaten sind sozialen Plattformen und ihren Möglichkeiten nicht abgeneigt. Wie sie der Handhabe des US-Präsidenten gegenüberstehen
Aichach Friedberg Donald Trump ist der ungekrönte König von Twitter. Der US-Präsident kommentiert fast sämtliche Ereignisse über den Kommunikationsdienst. Trumps Tweets, Nachrichten, die übersetzt in etwa „Zwitscher“bedeuten, erregen regelmäßig Aufsehen, ob beim Einreisestopp von Muslimen oder dem Mauerbau Richtung Mexiko. Dabei ufern seine Äußerungen regelmäßig aus. Aber nicht nur Trump benutzt soziale Medien als politische Plattform – auch regionale Abgeordnete tun dies.
Die Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr nutzt Facebook schon seit Längerem. Auf Twitter wage sie dagegen bislang nur erste Schritte: „Dieser Kanal ist für mich interessant, um zu erfahren, welche Themen im Fokus stehen“, sagt die SPD-Politikerin. Facebook verwendet sie des Austauschs und Feedbacks wegen. „Um reinzuhören, welche Positionen es zu einem politischen Aspekt gibt“, erklärt die 49-Jährige. Schulungen durchlief sie dafür nicht. Allerdings bieten Partei und Fraktion Seminare an, um Mitglieder zur Nutzung der Neuen Medien anzuregen. „Schließlich ist es heutzutage nötig, präsent zu sein.“
Peter Tomaschko hält es da ähnlich. Auch der CSU-Landtagsabgeordnete hat kein Training absolviert. Stattdessen gestaltet er seine Konten auf eigene Faust – unabhängig von seinem Büro. Facebook, Twitter, Instagram, Youtube – der 43-Jährige ist auf vielen Plattformen vertreten. Dabei kennt er die Vorzüge und Nachteile: „Während ich bei Instagram eher jüngere Menschen ansprechen kann, sind alle Altersschichten bis hin zu Senioren auf Facebook zu finden.“Twitter gerate da eher in den Hintergrund, zumal der Kanal weniger dialogorientiert sei. Auf was man in der digitalen Welt achten muss? „Mei“, sagt der CSU-Politiker, „einen gewissen Stil der Kommunikation muss man schon an den Tag legen.“Zugleich sei es aber wichtig, locker zu blei- ben. Anderes Medium, andere Spielregeln, laute da das Motto.
Dass die „Netiquette“gewahrt werden muss, findet auch Landrat Klaus Metzger. Er bedient sich Facebooks und einer eigenen Webseite, um über die politische Agenda, das Tagesgeschehen und sich selbst zu informieren. „Kurz, prägnant und so einfach wie möglich“hält er seine Nachrichten. Außerdem müsse alles ordentlich und perfekt sein. Deshalb kümmere er sich lieber selbst um seinen Medienauftritt, so der CSU-Politiker. Während seine Website rein informativ gestaltet ist, nutzt er andere Dienste zum Austausch. Dabei gibt es eine Regel: „Alles, was die Netiquette verlässt, wird gelöscht.“Gebe es Kritik oder Diskussionsbedarf, so kontaktiere er die Menschen persönlich.
Bundestagskandidaten bereiten sich sogar mit Schulungen auf die sozialen Medien vor. Karlheinz Faller etwa tritt für die FDP an. Sein Facebook-Account lag für einige Zeit brach, wird anlässlich seiner Kandidatur aber reaktiviert. Um seine Fähigkeiten anzukurbeln, nehme er nun an einem „SkillCamp“teil, das die Partei für ihre Kandidaten veranstaltet. Für seine Präsenz im sozialen Netz hat er klare Regeln: „Nur Wahlgeschichten und das Nötigste zur Person“, erklärt der 61-Jährige. Denn die Privatsphäre müsse man wahren.
Donald Trump hat mit 19 Millionen Anhängern ein großes Publikum auf Twitter. 140 Zeichen stehen ihm dort zur Verfügung. Kein Raum für Erklärungen. Kein Platz für kritisches Hinterfragen. Trump und Twitter – wie beurteilen regionale Politiker diese Kombination?
Strohmayr sieht generell Gefahren in der Verknappung von Botschaften: „Ein Tweet in drei Zeilen ist so verkürzt, dass nicht alle Aspekte umfassend dargestellt werden können“, sagt sie. Man laufe Gefahr, falsch verstanden zu werden. Tomaschko weiß den Kanal zwar zu schätzen. Gleichzeitig mahnt er: „Man muss aufpassen, wie man ihn einsetzt.“Nur der Pro- vokation wegen zu twittern, halte er für keinen guten Stil.
Metzger hält nichts von Trumps Twitter-Wahnsinn. Aus seiner Perspektive sind die Möglichkeiten dort zu „holzschnittartig“und dienen lediglich dazu, Emotionen hochzukochen. „Nur um Stimmung zu machen, dafür sind soziale Medien nicht da“, sagt er.
Bundestagskandidat Faller findet schärfere Worte. „Mit Twitter ist kein Dialog möglich.“Die Tweets trügen Botschaften nur einseitig an das Publikum heran. Zwar seien Reaktionen aus jeder Ecke möglich, aber kein politischer Diskurs. „ Dieser ist für die Demokratie aber eminent wichtig.“Weiter sagt er: „Trump lebt von einfachen Nachrichten, Politik dagegen ist nicht einfach. Sie ist komplex.“Jemand, der sich solcher Mechanismen bedient, werde in absehbarer Zeit Schiffbruch erleiden. »Kommentar