Wegen 2,70 Euro ins Gefängnis?
Jugendschöffengericht Aichach gibt jungem Schwarzfahrer noch eine Chance
Aichach Friedberg Wegen 2,70 Euro Fahrtkosten, die ein 21-Jähriger aus dem Landkreis Ende 2016 in der Straßenbahn nicht bezahlt hatte, drohte ihm jetzt Gefängnis. Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe und des Augsburger Präventionsvereins „Die Brücke“setzten sich allerdings vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Aichach für den Angeklagten ein. Noch einmal Arrest habe keinen Sinn, erklärte sein Verteidiger.
Eigentlich war es eine Banalität: der 21-Jährige war zwei Mal in Augsburg schwarz Straßenbahn gefahren. Insgesamt ging es um einen Schaden von 2,70 Euro. Brisant war daran jedoch, dass er schon zwei Mal wegen Drogenbesitzes verurteilt worden war. Auch wenn es sich dabei, wie sein Anwalt Marco Müller betonte, immer um Kleinstmengen gehandelt habe. Der Aichacher hatte deshalb einen vierwöchigen Dauerarrest absitzen müssen. Erst vor ein paar Wochen hatte der 21-Jährige erneut vor dem Richter am Amtsgericht Augsburg gestanden, weil er den in der Auflage geforderten Drogentest nicht rechtzeitig abgeliefert hatte. Dass dem Angeklagten deswegen ein Ungehorsamsarrest drohe, habe der Richter deutlich gemacht, erinnerte sich Wolfgang Nuspl von der Jugendgerichtshilfe. Er berichtete, dass der 21-Jährige damals antriebslos und traurig gewesen sei und deshalb die Auflagen nicht erfüllen konnte. Gerade angelaufen war damals eine sechsmonatige Betreuungsweisung bei der „Brücke“. Der Augsburger Verein ist im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention tätig. Im Falle des 21-Jährigen soll die Betreuungsweisung ihm bei der beruflichen Integration helfen und ihn von den Drogen wegbringen.
Der 21-Jährige habe sich von Anfang an aufgeschlossen gezeigt und sich an den Gesprächen beteiligt, lobte die Vertreterin des Vereins. Der vierwöchige Dauerarrest hatte bei dem jungen Mann scheinbar einen starken Eindruck hinterlassen. Die Vertreterin der „Brücke“: „Er ist sehr bemüht, seine Auflagen zu erfüllen.“Auch Gespräche mit der Drogenberatung habe er aufgenommen. Nun ging es vor dem Jugendschöffengericht darum, wie das Schwarzfahren bestraft werden soll. Den Vorschlag der Staatsanwaltschaft, das Verfahren im Hinblick auf die Verurteilung am Amtsgericht Augsburg einzustellen, griff das Schöffengericht auf. Eines machte Eva-Maria Grosse, Vorsitzende des Jugendschöffengerichts, gegenüber dem Angeklagten ganz deutlich: „So eine Chance gibt es bei mir nur einmal.“Zeit und Gelegenheit zu zeigen, dass er die Betreuungsweisung umsetzen kann, bekam der 21-Jährige bei der Anhörung im Februar auch vom Amtsgericht Augsburg. In drei Monaten werde die Entscheidung fallen, ob er den Ungehorsamsarrest antreten muss, hatte das Gericht beschlossen.