Diese Lagerhalle wird bald zum Theater
Mit dem Start der neuen Spielzeit im September soll es endlich wieder eine feste Spielstätte geben. Es ist ein Fabrikraum im Textilviertel. Warum die Zeit des Tingelns für Besucher und Ensemble dennoch nicht vorbei ist
Die Sanierung des Theaters ist neben dem Umbau des Hauptbahnhofes das zweite große Bauprojekt in Augsburg. Beide dauern mehrere Jahre und kosten einen dreistelligen Millionenbetrag. Wie es beim Großen Haus und den Ausweichspielstätten weitergeht? Die Details:
Großes Haus Im letzten Sommer fiel am Kennedyplatz zum vorerst letzten Mal der Vorhang für eine öffentliche Theaterinszenierung. Die Stadt hatte das Große Haus nach einer Warnung der Feuerwehr schließen lassen: Der Brandschutz sei nicht gegeben, das Haus könnte zur Feuerfalle werden. Leer steht das Gebäude am Kennedyplatz dennoch nicht: Musiktheater und Ballett proben weiterhin dort – wenn auch unter strengen Auflagen. „Die Brandmeldeanlage muss scharf gestellt und alle Flucht- und Rettungswege müssen frei begehbar sein. Zudem dürfen sich nur ortskundige Mitarbeiter des Theaters im Gebäude aufhalten“, sagt Norbert Reinfuss, Projektleiter Theatersanierung. Der „Eiserne Vorhang“zum Zuschauerhaus ist permanent geschlossen.
Derzeit stimmt die Stadt mit dem Theater den Umzug aufs Martinigelände ab. Nach jetzigem Stand soll das Große Haus Anfang September 2017 komplett geräumt sein, sodass die Schadstoffsanierung und erste Demontagen beginnen können. Aktuell laufen noch Untersuchungen zur Bausubstanz und der Schadstoffbelastung im Gebäude. Wegen der denkmalgeschützten Bereiche (Foyer, Zuschauerhaus, Garderobe) ist auch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege eingebunden.
Die Werkstätten, Büros und Probebühnen im Areal der nördlichen Kasernstraße können noch bis Mitte 2018 genutzt werden, da mit den Abbrucharbeiten hier ein Jahr später begonnen wird. 2023 sollen die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sein. Der Erweiterungsneubau (dafür muss die Brechtbühne beseitigt werden) soll 2025 fertig sein.
Martinipark Im Textilviertel sind die Handwerker schon zugange, damit zwei miteinander verbundene Hallen ab September vom Theater genutzt werden können. Der mit der Intendanz des Theaters abgestimmte Plan sieht vor, dass dort am 1. Oktober die Saison mit der ersten Opernpremiere des Stückes „Freischütz“eröffnet werden kann.
Bis vor Kurzem hatte die Firma Freudenberg, die unter anderem Vileda-Haushaltsprodukte herstellt, die Halle angemietet. „Wir freuen uns, dass ein reibungsloser Übergang zum nächsten Mieter gelingt“, sagt Wolfgang Geisler, Geschäftsführer der Firma MartiniPark. Das Dach der 7,50 Meter hohen Industriehalle wurde bereits isoliert, der Rückbau ist weit fortgeschritten. Heizung und Lüftung werden eingebaut. Die ausstehenden Arbeiten bis September zu schaffen, sei „sportlich aber machbar“.
Gespielt wird künftig in einer rund 1500 Quadratmeter großen, länglichen Halle. Darin wird eine speziell für die räumlichen Gegebenheiten angepasste Bühne für 620 Besucher gebaut. Der Auftrag ist bereits vergeben. Abgetrennt wird in der Halle zudem ein Bereich, der als Foyer dient. In der angrenzenden 3000 Quadratmeter großen Halle sind Proberäume, der Chorsaal, ein Lager, Sanitäreinrichtungen und Büros vorgesehen.
Der Martinipark bietet Oper und Ballett für die Zeit des Umbaus eine Spielstätte. Der Mietvertrag ist zunächst auf fünf Jahre abgeschlossen. Laut Geisler können die beiden Hallen bei Bauverzögerungen aber auch länger genutzt werden. Damit falle für die Beschäftigten nicht nur das Pendeln zwischen den Spielorten weg, es erhöhe sich auch die Flexibilität: „Einzelne Vorstellungen können wieder öfter gespielt werden, und das Theater kann längerfristig planen. Zudem wird nicht mehr ein Stück mehrere Wochen lang aufgeführt, sondern es kann wieder mehr aus dem Repertoire gezeigt werden. Für das Publikum bedeutet das einen bunteren und deutlich attraktiveren Spielplan“, sagt Kulturreferent Thomas Weitzel.
Gaskessel Die Interimsspielstätte für Schauspiel und kleinere Tanzproduktionen ist das Ofenhaus auf dem Gaskesselgelände in Oberhausen. Seit Anfang des Jahres laufen die Arbeiten für den Aus- und Anbau. Letzterer erhält einen Keller. Das bestehende denkmalgeschützte Gebäude wurde mit Betonbohrpfählen gesichert. Im Ofenhaus selbst beginnen ab kommender Woche die Vorarbeiten für die Haus-inHaus-Bauweise. Dort entsteht in der östlichen Hälfte die Bühne mit Zuschauerraum und in der westlichen der Restaurantbereich.
Unter dem Dach wird der Ballettsaal eingerichtet. Dafür wird zunächst das Fundament für das „Haus im Ofenhaus“erstellt: rund 100 Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 50 bis 60 Zentimetern werden als Fundament in bis zu zwölf Meter Tiefe einbetoniert. Der Spielbetrieb soll im November 2018 starten. Die Stadtwerke sind „zuversichtlich, den sportlichen Zeitplan einhalten zu können.“
Brechtbühne Aus der 2011 eröffneten Brechtbühne werden unter anderem die Zuschauertribüne mit Bestuhlung, Geländern und Stufenbeleuchtung sowie der Bühnenboden ins Ofenhaus umziehen. Aufund Abbau beginnen nach dem Ende der Spielzeit 2017/18. Auch die Ton- und Beleuchtungsanlage werden in Oberhausen wiederverwendet, informiert Weitzel.
Kosten An Investitionskosten werden rund 186 Millionen Euro fällig (ohne Baupreissteigerung). Werden Nebenkosten wie Kreditzinsen und die Interimsspielstätten eingerechnet, geht die Stadt von einer Gesamtsumme von 211,5 Millionen Euro aus. 107 Millionen Euro zahlt der Freistaat. »Kommentar