Was uns einzigartig macht
Die Friedberger Kunstschüler malten ihren Fingerabdruck
Die Aufgabe, die Rose Maier Haid in ihrer Friedberger Kunstschule stellte, war eigentlich ganz einfach: Roll deinen rechten Zeigefinger auf dem Stempelkissen ab, drücke ihn auf weißes Papier, betrachte ihn durch eine Lupe und zeichne oder male deinen Fingerabdruck um einiges vergrößert ab. Entstanden ist dabei eine beeindruckende Galerie von Fingerabdrücken von Malern zwischen vier und 80 Jahren. Keiner gleicht dem anderen, der Titel „Einzigartig“trifft es genau.
Man glaubt es gar nicht, wie eigenwillig die Linien auf der Fingerkuppe verlaufen. Die wenigsten legen sich in feinen Kreisen aneinander. Und wenn schon, dann gleichen sie Labyrinthen voller Sackgassen, die sofort zum Nachfahren reizen, um einen durchgängigen Pfad auszumachen. Gern bilden die Kapillaren auch Schleifen und verlieren sich nach außen in die verschiedenen Richtungen. Wirbel kommen vor und Strudel, die einen hineinziehen bis zum Schwindligwerden. Ein Abdruck sieht sogar wie ein Knäuel aufgewickelter Wolle aus; die Linien schneiden sich ständig. In einen Fingerabdruck ist schließlich ein fein gesponnener Kokon eingelegt wie das geheimnisvolle Emblem eines Stempels oder wie ein zerbrechliches Ei mit vielen Schalen.
Mancher Fingerabdruck gleicht eher einem knorrigen Baum mit chaotisch gekräuselten Bahnen; man glaubt, fast ablesen zu können, wie turbulent das Leben seines Trägers verlaufen sein muss. Wenn die Fingerkuppe dann auch noch knitterig und runzlig geworden ist, trägt sie die Abzeichen des Alterns in sich, das als Schicksal alle Sterblichen unweigerlich ereilt. Der Finger eines jungen Menschen zeichnet sich meist durch hauchfeine, ununterbrochene Linien aus. Sein Leben steht gewissermaßen noch ganz auf Anfang.
Sicherlich hat jeder Maler dieser Aktion im Kunstwerk Friedberg einiges über sich erfahren. Durch die Lupe mussten die Teilnehmer genau hinschauen, was sie so einzigartig macht. Schwarz-weiß auf hellgrauem Karton lässt sich dann mehr erkennen als im originalen Abdruck. Und im Massenvergleich zeigen sich erst die signifikanten individuellen Unterschiede. Eines steht fest: „Polizeitauglich sind die Fingerabdrücke alle nicht“, sagt Rose Maier Haid. Doch typisch für ihre Träger sind die Bilder nach der individuellen, natürlichen Prägung allemal. „Man könnte hier ganze Familien und familiäre Ähnlichkeiten feststellen“, meint die Kunstschulleiterin. Allerdings gilt auch: Eine Mutter erforschte, dass selbst ihre eineiigen Zwillinge je einen eigenen Fingerabdruck besitzen.
Kunstwerk Friedberg, Bauernbräu straße 50, zu sehen noch bis 30. April, geöffnet Do. bis So. von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.