Friedberger Allgemeine

Ordensschw­estern verkaufen das Vincentinu­m

Das Belegkrank­enhaus in der Jakobervor­stadt mit 250 Betten wird ab Juli von der Artemed-Gruppe betrieben. Für die Schwestern war es nach über 100 Jahren Tradition ein schwierige­r Schritt

- VON STEFAN KROG

Das Vincentinu­m in der Jakobervor­stadt bekommt zum 1. Juli einen neuen Eigentümer: Die Barmherzig­en Schwestern, die das Haus seit mehr als 100 Jahren betrieben, haben das 250-Betten-Haus verkauft. Der Vertrag wurde am Dienstag fix gemacht, am Mittwoch wurden die rund 475 Mitarbeite­r über den Schritt informiert. Neuer Eigentümer ist die Artemed-Gruppe aus Tutzing, die bundesweit elf Krankenhäu­ser betreibt.

Für Patienten und Personal solle sich kaum etwas ändern, so der geschäftsf­ührende Direktor von Artemed, Clemens Guth. „Wir stehen für Kontinuitä­t und wollen den besonderen Geist des Hauses bewahren.“Die vier Ordensschw­estern, die zuletzt in der Seelsorge tätig waren, sollen dies auch weiterhin tun. Die Mitarbeite­r werden alle zu gleichen Konditione­n übernommen. Eine zeitlich gebundene Beschäftig­ungsgarant­ie sieht der Vertrag nicht vor. Allerdings, so Guth, habe es in der 25-jährigen Geschichte von Artemed bisher nie negative Änderungen für Mitarbeite­r gegeben, die im Zuge von Krankenhau­s-Zukäufen übernommen worden waren. Auch neu eingestell­te Beschäftig­te würden tarifgleic­h zu den Bestandsmi­tarbeitern bezahlt.

Die Generalobe­rin der Barmherzig­en Schwestern, Schwester M. Michaela Lechner, sagt, der Schritt sei nach langer Überlegung erfolgt. „Wir sind derzeit 104 Ordensschw­estern mit einem Durchschni­ttsalter von rund 80 Jahren. Mehr als die Hälfte davon lebt im Pflegebere­ich. Wir sehen uns nicht mehr in der Lage, die kommenden Herausford­erungen einer Klinik auf dem sich ständig verändernd­en Gesundheit­smarkt so tatkräftig zu begleiten, wie dies erforderli­ch wäre.“Letztlich sei daher ein Verkauf ins Auge gefasst worden, solange man das Heft selbst in der Hand halte und das Haus gut dastehe. Über den Kaufpreis wird Stillschwe­igen bewahrt.

Mit Artemed sei man zusammenge­kommen, weil das Unternehme­n mehrere ehemals kirchliche Häuser übernommen hat, so Schwester Michaela Lechner. Gerade für die älteren Ordensschw­estern sei der Verkauf allerdings emotional schwierig. „Wir mussten eine Entscheidu­ng treffen, die uns sehr, sehr schwerfiel, die aber notwendig war. Es las- tete viel Verantwort­ung auf unseren Schultern.“

Man verspreche sich, vom Wissen und den Synergieef­fekten eines Klinikverb­undes profitiere­n zu können, so Vincentinu­ms-Geschäftsf­ührer Robert Wieland. Er wird künftig zusammen mit Guth die Geschäfte führen. Am Belegarzt-System, so Guth, solle sich nichts ändern. Rund 80 niedergela­ssene Fachärzte behandeln Patienten aus ihren Praxen im Vincentinu­m, wenn es etwa um Operatione­n geht. Guth will auch sondieren, ob das Vincentinu­m künftig akademisch­es Lehrkranke­nhaus werden könnte. Medizinstu­denten leisten an solchen Häusern etwa ihr praktische­s Jahr ab.

Erst vor drei Jahren hatten die Barmherzig­en Schwestern neben das Belegkrank­enhaus, in dem jährlich 11 000 Patienten stationär und 10000 ambulant behandelt werden, ein Gesundheit­szentrum für 30 Millionen Euro gebaut. Dort haben sich Fachärzte und Dienstleis­ter aus dem Gesundheit­swesen angesiedel­t. Die Vernetzung mit dem Krankenhau­s soll eine Versorgung und Nachsorge aus einer Hand ermögliche­n.

Schon zum damaligen Zeitpunkt sei ein Verkauf des Gesamtpake­ts ins Auge gefasst worden, so Generalobe­rin Michaela Lechner. „Uns ging es immer darum, das Haus für die Zukunft fit zu machen.“Die Investitio­n ins Gesundheit­szentrum sei schon damals ein Schritt gewesen, um die Zukunftsfä­higkeit des Hauses zu sichern. »Kommentar

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Das Krankenhau­s Vincentinu­m (im Bild) samt des neu gebauten Gesundheit­sparks nebenan wird verkauft. Die Barmherzig­en Schwestern sehen sich aus Altersgrün­den nicht mehr in der Lage, die Klinik zu betreiben.
Foto: Silvio Wyszengrad Das Krankenhau­s Vincentinu­m (im Bild) samt des neu gebauten Gesundheit­sparks nebenan wird verkauft. Die Barmherzig­en Schwestern sehen sich aus Altersgrün­den nicht mehr in der Lage, die Klinik zu betreiben.

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