Ordensschwestern verkaufen das Vincentinum
Das Belegkrankenhaus in der Jakobervorstadt mit 250 Betten wird ab Juli von der Artemed-Gruppe betrieben. Für die Schwestern war es nach über 100 Jahren Tradition ein schwieriger Schritt
Das Vincentinum in der Jakobervorstadt bekommt zum 1. Juli einen neuen Eigentümer: Die Barmherzigen Schwestern, die das Haus seit mehr als 100 Jahren betrieben, haben das 250-Betten-Haus verkauft. Der Vertrag wurde am Dienstag fix gemacht, am Mittwoch wurden die rund 475 Mitarbeiter über den Schritt informiert. Neuer Eigentümer ist die Artemed-Gruppe aus Tutzing, die bundesweit elf Krankenhäuser betreibt.
Für Patienten und Personal solle sich kaum etwas ändern, so der geschäftsführende Direktor von Artemed, Clemens Guth. „Wir stehen für Kontinuität und wollen den besonderen Geist des Hauses bewahren.“Die vier Ordensschwestern, die zuletzt in der Seelsorge tätig waren, sollen dies auch weiterhin tun. Die Mitarbeiter werden alle zu gleichen Konditionen übernommen. Eine zeitlich gebundene Beschäftigungsgarantie sieht der Vertrag nicht vor. Allerdings, so Guth, habe es in der 25-jährigen Geschichte von Artemed bisher nie negative Änderungen für Mitarbeiter gegeben, die im Zuge von Krankenhaus-Zukäufen übernommen worden waren. Auch neu eingestellte Beschäftigte würden tarifgleich zu den Bestandsmitarbeitern bezahlt.
Die Generaloberin der Barmherzigen Schwestern, Schwester M. Michaela Lechner, sagt, der Schritt sei nach langer Überlegung erfolgt. „Wir sind derzeit 104 Ordensschwestern mit einem Durchschnittsalter von rund 80 Jahren. Mehr als die Hälfte davon lebt im Pflegebereich. Wir sehen uns nicht mehr in der Lage, die kommenden Herausforderungen einer Klinik auf dem sich ständig verändernden Gesundheitsmarkt so tatkräftig zu begleiten, wie dies erforderlich wäre.“Letztlich sei daher ein Verkauf ins Auge gefasst worden, solange man das Heft selbst in der Hand halte und das Haus gut dastehe. Über den Kaufpreis wird Stillschweigen bewahrt.
Mit Artemed sei man zusammengekommen, weil das Unternehmen mehrere ehemals kirchliche Häuser übernommen hat, so Schwester Michaela Lechner. Gerade für die älteren Ordensschwestern sei der Verkauf allerdings emotional schwierig. „Wir mussten eine Entscheidung treffen, die uns sehr, sehr schwerfiel, die aber notwendig war. Es las- tete viel Verantwortung auf unseren Schultern.“
Man verspreche sich, vom Wissen und den Synergieeffekten eines Klinikverbundes profitieren zu können, so Vincentinums-Geschäftsführer Robert Wieland. Er wird künftig zusammen mit Guth die Geschäfte führen. Am Belegarzt-System, so Guth, solle sich nichts ändern. Rund 80 niedergelassene Fachärzte behandeln Patienten aus ihren Praxen im Vincentinum, wenn es etwa um Operationen geht. Guth will auch sondieren, ob das Vincentinum künftig akademisches Lehrkrankenhaus werden könnte. Medizinstudenten leisten an solchen Häusern etwa ihr praktisches Jahr ab.
Erst vor drei Jahren hatten die Barmherzigen Schwestern neben das Belegkrankenhaus, in dem jährlich 11 000 Patienten stationär und 10000 ambulant behandelt werden, ein Gesundheitszentrum für 30 Millionen Euro gebaut. Dort haben sich Fachärzte und Dienstleister aus dem Gesundheitswesen angesiedelt. Die Vernetzung mit dem Krankenhaus soll eine Versorgung und Nachsorge aus einer Hand ermöglichen.
Schon zum damaligen Zeitpunkt sei ein Verkauf des Gesamtpakets ins Auge gefasst worden, so Generaloberin Michaela Lechner. „Uns ging es immer darum, das Haus für die Zukunft fit zu machen.“Die Investition ins Gesundheitszentrum sei schon damals ein Schritt gewesen, um die Zukunftsfähigkeit des Hauses zu sichern. »Kommentar