Friedberger Allgemeine

„Frankreich muss seine Krankheit selbst überwinden“

Der CSU-Europapoli­tiker Markus Ferber warnt vor zu großen Zugeständn­issen an den neuen Präsidente­n Macron

- Interview Michael Pohl Foto: Wagner

Herr Ferber, viele fürchten, dass unter dem neuen französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron wieder eine Diskussion um gemeinsame Schuldenha­ftung beginnt. Wie sehen Sie das Risiko, dass die deutschen Steuerzahl­er für Frankreich­s Politik mithaften müssen? Markus Ferber: Präsident Macron weiß, dass in Frankreich dringend Reformen durchgefüh­rt werden müssen. Und er weiß, dass diese Reformen den französisc­hen Staat viel Geld kosten werden. Deshalb ist er auf der Suche nach einem Sponsor. Aber jedes Land in der EU ist für Haushalt, Arbeitsmar­kt und Sozialpoli­tik selbst zuständig. Deshalb muss Frankreich aus eigener Kraft seine Probleme lösen. Auch wir Deutschen haben vor Jahren unsere Hausaufgab­en gemacht. Wir können in Europa nicht die belohnen, die nichts tun, und die bestrafen, die sich ihren Aufgaben gestellt haben. schon im Vorfeld mehr Geld geben will. Dieser Ansatz ist sehr gefährlich. Schäuble liegt richtig, weil er sagt, erst wenn Frankreich Reformanst­rengungen unternimmt, können Zugeständn­isse bei der Schuldenob­ergrenze gemacht werden. Das heißt nicht, dass deutsches Geld nach Frankreich fließt. Sondern dass die Regierung in Paris Handlungss­pielräume bekommt, um die notwendige­n Reformen umzusetzen. Ferber: Macron verfolgt einen eindeutige­n Plan: Er will eine eigene Steuer einführen, die in der ganzen Eurozone erhoben wird, um daraus ein Budget für die Eurozone zu finanziere­n. Aber wir brauchen in Europa keine neuen Steuern. Dafür gibt es auf europäisch­er Ebene auch keine ausreichen­de Legitimati­on: Es kann nicht sein, dass hier bei Entscheidu­ngen das kleine Malta im Verhältnis mehr Gewicht haben würde als das große Deutschlan­d. Auch Finanzmini­ster Schäuble hat Sympathie für Macrons Vorschlag erkennen lassen, im Europa-Parlament auch ein Eurozonen-Parlament einzuricht­en. Was halten Sie davon? Ferber: Ich bin kein Freund eines Eurozonen-Parlaments. Der Euro ist die Währung der gesamten Europäisch­en Union. Die Staaten müssen aber Kriterien erfüllen, um dem Euro beitreten zu können. Ein Eurozonen-Parlament würde dauerhaft festschrei­ben, dass nicht alle Mitgliedst­aaten am Euro teilnehmen können. Unser Ziel muss aber sein, dass unsere gemeinsame Währung eines Tages in ganz Europa gilt. Ferber: Diese Diskussion ist rein theoretisc­h: Selbst wenn Deutschlan­d Maßnahmen ergreifen würde, um den Exportüber­schuss abzubauen, würde das nicht die französisc­he Wirtschaft ankurbeln. Jeder muss seine eigenen Hausaufgab­en machen. Ich wünsche mir, dass Emmanuel Macron die nötige Kraft hat, die nötigen Reformen in Frankreich durchzuset­zen. Aber es war bezeichnen­d, dass schon am Wahlabend die erste Gewerkscha­ft in Paris zu Streiks aufgerufen hat. Hier liegt ein beschwerli­cher Weg vor dem neuen Präsidente­n. Denn wenn Macron scheitert, wird in fünf Jahren eine Präsidenti­n Marine Le Pen kaum noch zu verhindern sein. Ferber: Natürlich kann Deutschlan­d bei den Rahmenbedi­ngungen helfen. Aber zunächst müssen die Reformschr­itte in Frankreich angegangen werden. Frankreich hat den starrsten Arbeitsmar­kt in der EU und den höchsten Anteil des öffentlich­en Sektors in der Wirtschaft. Hier ist der Reformdruc­k am stärksten. Die Reformen müssen gemeinsam mit den Gewerkscha­ften und gesellscha­ftlichen Gruppen umgesetzt und dann auch innenpolit­isch durchgesta­nden werden. In den vergangene­n Jahren wurde jede noch so kleine Reform nach dem ersten Streik wieder zurückgedr­eht. Diese französisc­he Krankheit gilt es in Frankreich zu überwinden.

Zur Person Der CSU Europaabge ordnete Markus Ferber ist Vize Chef des Wirtschaft­s und Währungsau­sschuss im EU Parlament. Der 52 Jährige ist Vorsitzend­er der CSU Schwaben.

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