Augsburgs Wohnungsmarkt ist in der Krise
Im vergangenen Jahr entstanden 1375 Wohnungen, doch das sind zu wenige. Die Offensive Wohnraum der Stadt nimmt Gestalt an, doch für die Umsetzung fehlt Personal. Jetzt sollen Pensionäre reaktiviert werden
Die Überlegungen der Stadt, wie die Wohnungsnot zu lindern ist, werden konkreter. Nachdem Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) im März ein Maßnahmenpaket vorgestellt hat, das allerdings noch viele Überlegungen und wenig konkrete Schritte enthält, steht jetzt ein erster Fahrplan. Neben der laufenden Ausweisung neuer Baugebiete setzt die Stadt auf diverse Beratungsangebote. Weil die Bauverwaltung momentan mit Bauanträgen gut beschäftigt ist, hat sie aber nicht das Personal für zusätzliche Aktionen. Nun ist daran gedacht, pensionierte Mitarbeiter zu reaktivieren.
Wie berichtet wird die Stadt in diesem Jahr voraussichtlich Baurecht auf dem Rest der SheridanKaserne (Pfersee), in der Wernhüterstraße (Lechhausen) und an den Ladehöfen schaffen. Dies bedeutet Platz für etwa 1000 neue Wohnungen, wobei diese frühestens 2019/20 fertig sein könnten. Weitere Bebauungspläne für Wohnviertel, etwa auf dem Areal von Dehner/Post SV in Kriegshaber und dem CemaAreal dürften 2018/19 fertig werden. Die Zahl der Wohnprojekte, die im Bau sind, hält sich in Grenzen. Neben dem Reiter-Areal in Pfersee geht es vor allem um Martini (Textilviertel). Trotzdem wurden im vergangenen Jahr laut Zahlen des Statistischen Landesamtes 1375 Wohnungen in Augsburg fertiggestellt, wobei darin auch Sanierungen im Bestand enthalten sind. Im Vorjahr lag die Zahl bei 1302 neuen Wohnungen. Der Großteil entsteht in Mehrfamilienhäusern.
Vor allem die Neubaugebiete an der Friedrich-Ebert-Straße und das Reese-Areal dürften hier zu Buche geschlagen haben. Allerdings sind 1375 neue Wohnungen – auch wenn das gegenüber dem Jahr 2012 mit 565 neuen Wohnungen eine deutliche Steigerung ist – angesichts eines Wachstums von etwa 5000 Einwohnern nach wie vor zu wenig. Setzt man als durchschnittliche Haushaltsgröße zwei Personen an, läge der Bedarf bei 2500.
Um das Wachstum der Stadt nicht über Neubaugebiete abzufedern, setzt die Stadt auf Nachverdichtung bestehender Viertel. Baulücken sollen, wo vorhanden, geschlossen werden. Voraussichtlich ab Herbst wird ein Beratungsbüro am Elias-Holl-Platz seinen Betrieb das Immobilieneigentümer über Möglichkeiten zu Anbauten oder Aufstockungen berät. Bereits bekannt geworden sind Überlegungen der Stadt, die Nachverdichtungen in Vierteln mit Siedlerhäusern, etwa dem Bärenkeller oder Firnhaberau/Hammerschmiede, erleichtern sollen. Hier gibt es relativ kleine Häuser auf großen Grundstücken. Dass diese Aktion viele Neubauten bringen wird, ist aber nicht wahrscheinlich, weil Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken weiterhin eingehalten werden müssen. Details werden im Juni bekannt, wenn der Bauausschuss des Stadtrates darüber entscheidet, so Baureferent Gerd Merkle (CSU).
Ab Herbst ist auch geplant, dass Baufachleute in die Stadtteile gehen und Eigentümer vor Ort beraten. Merkle hatte zuletzt aber gesagt, dass er sich personell schwertue, Leute aus dem mit Bauanträgen momentan gut beschäftigten Bauordnungsamt abzuziehen. Momentan spreche man pensionierte leitende Mitarbeiter des Baureferats an, ob sie als Berater für die Stadt unterwegs sein wollen. „Das Feedback der ,Ehemaligen‘ hierzu ist durchweg positiv“, so Merkle.
Kommendes Jahr will die Stadt dann in den Räumen des Jakobsstifts ein weiteres Beratungsangebot eröffnen. Es richtet sich vor allem an Wohnungssuchende mit Problemen, solche die etwa von Obdachlosigkeit bedroht sind. Das Wohnbüro soll Kontakte zwischen potenziellen Vermietern und Mietern knüpfen helfen oder auch Zwangsräumen abwenden helfen. „Wir denken auch über Wohnbefähigungskurse nach, in denen Mieter Dinge wie das richtige Lüften lernen“, sagt Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD). Wenn so etwas helfe, Mietverhältnisse dauerhaft zu sichern, lohne sich der Aufwand. Für alle Wohnungssuchenden wird das Büro aber nicht offen stehen. „Wir können nicht das Maklerbüro für 300 000 Bürger und Zuzugswillige aus München sein. Wenn aber der Azubi kommt, der zu Hause ausziehen muss und nichts findet, wird ihm nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen.“
Konkreter werden auch die Überlegungen der Stadt, ein sogeaufnehmen, nanntes Leerstandsmanagement einzurichten. Wie viele Wohnungen in Augsburg leer stehen, ist ungewiss. Allerdings gebe es – aus diversen Gründen – in allen Stadtteilen leer stehende Wohnungen und Häuser, so Kiefer. Das Leerstandsmanagement soll als „kleine Lösung“anstatt einer sogenannten Zweckentfremdungssatzung kommen.
Mit einer solchen Satzung könnte die Stadt verhindern, dass Wohnungen z. B. in Ferienwohnungen oder Büros umgewandelt werden. Der Mieterverein Augsburg hatte eine solche Regelung für Augsburg gefordert, die drei Regierungsparteien wollten eine Prüfung. Aus Sicht des Stadtplanungsamtes ist die Zahl der bekannten Umwandlungen aber zu gering, als dass sich der Aufwand lohnen würde. Zudem wolle man lieber in Kooperation mit Eigentümern weiterkommen, als diese mit Zwangsgeldandrohungen zu überziehen.
Die Bürger sollen künftig besser beraten werden