Grüne: Leistung im AKW überschritten
Gegen das Atomkraftwerk Gundremmingen werden neue Vorwürfe erhoben. Die Betreiber müssen Fehler einräumen. Aber auch die Partei muss sich korrigieren
Gundremmingen Das Atomkraftwerk (AKW) Gundremmingen im Kreis Günzburg ist nach Ansicht der Grünen wiederholt mit einer höheren Leistung betrieben worden als erlaubt. Das sei seit 2015 bis zum vergangenen Monat mehrfach geschehen, ist die Schlussfolgerung nach der Durchsicht von Daten auf Internetseiten des Hauptgesellschafters RWE und auch der Strombörse EEX. Der energiepolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Martin Stümpfig, spricht sogar von einer „scheinbaren Überheizung der Reaktoren“. Teilweise muss die Partei ihre in Mitteilungen und in Medien geäußerte Kritik allerdings bereits wieder revidieren.
Aufgelistet werden knapp zehn Fälle. So habe das Maximum beispielsweise am 23. April dieses Jahres in Block B von 0 bis 14 Uhr bei 1535 Megawatt gelegen, die erlaubte Höchstgrenze sei aber 1344. Oft gebe es einen zeitlichen Zusammenhang zu einer besonders hohen Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Netz. Es sei nun zu klären, wie das passieren konnte, ohne dass es die Atomaufsicht mitbekommen oder interveniert hat. Bis zum Ergebnis müsse das Kraftwerk abgeschaltet werden, fordert Stümpfig. Rudi Amannsberger, Referent Energie und Klima bei den Landtags-Grünen, hat die Daten ausgewertet und kann sich mehrere Gründe für die Erhöhungen vorstellen. Es sei auch zu klären, ob die Daten überhaupt richtig seien – wenngleich es keine Hinweise auf Fehler gebe, da die Zahlen lange nicht korrigiert worden seien.
Wie die Betreibergesellschaft des Kraftwerks auf Anfrage erklärt, seien die Daten aber tatsächlich fehlerhaft. Dazu sagt AKW-Sprecher Tobias Schmidt: „Hintergrund sind die inzwischen häufiger sich ändernden Stromabnahmen durch Preussen Elektra, die durch eine IT-Formel an den genannten Tagen nicht korrekt abgebildet wurden. An einer Optimierung wird gearbeitet. Die Werte werden auf der RWE-Transparenzseite aktualisiert.“Zudem sei es falsch, dass es sich bei den 1344 Megawatt um die maximal erlaubte Leistung handele. Hierbei gehe es um die elektrische Leistung, im Genehmigungsbescheid sei jedoch die thermische Leistung von maximal 3840 Megawatt festgeschrieben – und dieser Wert sei nie überschritten worden. Sonst hätte automatisch eine Reaktorschnellabschaltung eingesetzt, was nicht der Fall gewesen sei. Die Atomaufsicht beim Umweltministerium in München bestätigt das. „Für den sicheren Betrieb der beiden Reaktorblöcke ist die jeweils maximal zulässige thermische Leistung maßgeblich. Daher ist diese in der geltenden Betriebsgenehmigung festgelegt.“Die Einhaltung werde überwacht, „Hinweise auf Überschreitungen liegen nicht vor“. Die elektrische Leistung der Blöcke unterliege nicht der atomrechtlichen Aufsicht, und für die nukleare Sicherheit sei „die Festlegung einer maximalen elektrischen Leistung nicht erforderlich“, betont ein Ministeriums-Sprecher.
Rudi Amannsberger – der die Angabe von 1344 Megawatt als Maximalleistung nach der Anfrage unserer Zeitung als Fehler bezeichnet und zurückzieht – genügt das nicht: Eine höhere elektrische Leistung lasse sich nicht erreichen, wenn nicht auch die thermische erhöht werde. AKW-Sprecher Schmidt sagt dazu: Der Schlussfolgerung lägen die nicht zutreffenden Daten zugrunde – beziehungsweise Ereignisse, die es so eben nicht gegeben habe. Die Leistung sei nicht erhöht gewesen, sondern die Zahl falsch.
Mit dem Thema Atomkraft hat sich auch der Deutsche Ärztetag befasst. Den Rückbau von Kraftwerken nimmt er zum Anlass zu fordern, als unbedenklich freigegebene Stoffe aus den Anlagen nicht wiederzuverwerten oder auf Mülldeponien zu lagern und so aus der Überwachung zu entlassen. Messgrenzen seien willkürlich und es gebe keine Unbedenklichkeit von ionisierender Strahlung auch durch vermeintlich geringe Strahlenmengen. Gesundheitliche Schäden und Spätfolgen könnten über Generationen entstehen. Stattdessen sollten Restmengen so sicher wie möglich verwahrt werden, am besten auf dem Kraftwerksgelände. Auch beim Erörterungstermin zum Rückbau in Gundremmingen war das ein Kritikpunkt der Einwender gewesen. »Kommentar