Neun Monate Aufmerksamkeit
Sängerin Beyoncé ist eine Meisterin der Babybauch-Inszenierung. Auch andere Stars zelebrieren ihre Schwangerschaften vor aller Welt. Warum viele gerne mitfiebern
Augsburg Wir. Nur dieses eine Wort hat Sängerin Beyoncé unter das Foto geschrieben, auf dem sie ihre fünfjährige Tochter Ivy Blue in den Armen hält – mit aufgeknöpfter blauer Seidenbluse, die ihren inzwischen sehr runden Babybauch enthüllt. Innerhalb eines Tages haben fast drei Millionen Menschen auf der Foto-Plattform Instagram das Bild mit einem Herz markiert.
Anfang Februar hatte die USAmerikanerin enthüllt, dass sie Zwillinge erwartet – ebenfalls auf Instagram, mit einem Foto, auf dem sie in Unterwäsche unter einem Kranz aus Blumen sitzt, umweht von einem durchsichtigen Schleier. Das Foto gefiel damals sogar elf Millionen Nutzern – so vielen wie nie zuvor auf Instagram.
Beyoncé Knowles ist nicht der einzige Star, der seinen immer runder werdenden Babybauch mit der Welt teilt. Vor gut einem Monat verriet auch Tennis-Ikone Serena Williams mit einem Foto im Netz ihr kleines Geheimnis. Sie fotografierte sich selbst mit einem knallgel- Badeanzug und sichtbarem Bäuchlein. Auch das HollywoodGlamour-Paar Amal und George Clooney kündigten die bevorstehende Geburt ihrer Zwillinge an, noch bevor sich auch nur das kleinste Anzeichen bei der Menschenrechtsanwältin abzeichnete.
Die Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher von der Uni Hamburg weiß, warum die Promis das tun. „Schwangerschaften haben traditionell einen hohen Nachrichtenwert in der privaten Kommunikation“, sagt sie. „Kombiniert man das private Thema mit dem Aufmerksamkeitsgaranten ,Star’, besitzt man ein optimales Wirkungsspektrum aus Klatsch und Emotion.“
Der Kölner Psychologe und Bestseller-Autor Manuel Tusch hat auch eine Erklärung dafür, dass Fans und Leser so neugierig auf Baby-News der Promis sind: „Die Schwangerschaft ist ja ein sehr anspruchsvoller und teilweise auch ungewisser, spannender Lebensabschnitt. Wir erhoffen uns, von Promi-Schwangerschaften viel lernen zu können.“ Allerdings müsse eine werdende Mama nicht einmal unbedingt prominent sein, um mit ihrer Schwangerschaft für Klatsch und Tratsch zu sorgen.
So ist dann auch die möglichst kreative Enthüllung der Tatsache, dass sich da was tut im Bauch, längst kein Privileg der Stars mehr. Ein großer Windellieferant hat auf seiner Homepage „zehn clevere Ideen für Karten zur Verkündung Ihrer Schwangerschaft“zusammengestellt. „Kaufen Sie Rubbelkarten, die Sie selbst mit einer Nachricht versehen können, und schreiben Sie darauf: „Klopf, klopf! Wer ist denn da?“, heißt es zum Beispiel.
Davon scheint sich dann auch wieder manch berühmte Person inspirieren zu lassen. „Uiiiiiiiii..., klopft da jemand?“, schrieb Ex-Skispringer Sven Hannawald im vergangenen Jahr unter ein FacebookFoto von seinem Kopf auf dem Bauch seiner schwangeren Frau Melissa.
Tatsächlich sind es nicht immer die Frauen, die ihre baldige Mutterben schaft verkünden. Fußballer wie FC-Bayern-Star Robert Lewandowski wählen da gerne die klassische Wiege-Bewegung oder den Daumen-Nuckler als Torjubel, um den Nachwuchs anzukündigen. Wegen der Gefahr, dass jemand die Anspielung nicht verstehen könnte, wird dabei gerne der Ball unter das Trikot gestopft, um einen Babybauch zu imitieren. Sicher ist sicher.
„Gerade in Deutschland hat die Vaterrolle in den letzten Jahren eine enorme Aufwertung erfahren“, sagt Psychologe Tusch. „Das spiegelt sich an dieser Stelle wider. Darüber hinaus steigert es den Promifaktor und damit den Marktwert.“
Marktwert ist das Zauberwort, sagt auch Journalistik-Professor Klaus Meier von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Denn Aufmerksamkeit sei Babybäuchen sicher. Die Schwangerschaft stehe „für eine heile Traumwelt, weil es eine wundervolle Zeit ist, an die man sich selbst gerne zurückerinnert – oder von der man träumt“.