Schön, dass bunte Fahnen wehen
EVON ANTON SCHWANKHART s war ein überraschend vergnüglicher Fußballabend, den Deutschland und Dänemark den Zuschauern geboten haben. Schließlich befindet sich die Branche im Urlaubsmodus. Es ging um nichts und beide Trainer hatten nur die Spieler aufzubieten, die sich nicht wegen einer Nasen-OP, einem Motivationsloch oder andersartig kaschierter Unlust verweigert hatten. Trotzdem lockte der Kick acht Millionen vor die Fernseher. Das lässt erwarten, dass es eines Tages genügen wird, leere Spielertrikots ins Stadion zu hängen – und Millionen schalten ein.
In Kopenhagen spielte jener Rest von Perspektiv-Akteuren, den Jogi Löw zum ungeliebten Confed Cup in Russland eingeladen hat. Eine zusammengewürfelte Truppe, jung und dynamisch zwar, aber ohne ein Talent, das Fußballträume zum Leben erweckt. Dass der Bundestrainer Julian Draxler zum Anführer für die Russland-Expedition befördert hat, belegt das Dilemma. Einerseits ist es der Weltmeister, der beim Probelauf zur WM 2018 vorspielt, der in Russland einen Ruf zu verteidigen hat, andererseits ist kein einziger gestandener deutscher WM-Akteur beim Confed Cup am Start. Kopenhagen war vor allem jenseits des Rasenvierecks erfolgreich. In der Wirkung der regenbogenfarbenen Spielführerbinden und Eckfahnen, mit denen die Dänen das Treffen geschmückt haben. Ein pfiffiges Eintreten für Vielfalt im Allgemeinen, für Schwule und Lesben im Besonderen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat das Zuspiel erfreulicherweise aufgenommen. Das ist gut, weil der Profi-Fußball in gesellschaftlichen Fragen oft eine schwache Figur abgibt. Seine integrative Kraft in vielen Bereichen ist unbestritten. Auf anderen Feldern aber verschärft er das Trennende. Was den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen betrifft, ist die Welt der Kicker noch eng und grau.
Das wäre nicht herauszuheben, würde der Fußball nicht wie eine Lupe wirken. Ähnliche Vergrößerungsgläser gibt es auch in der Kunst, selbst in der Politik – nur haben sie hier viel von ihrem Schrecken verloren. Deutschland lebt inzwischen unaufgeregt mit homosexuellen Bürgermeistern und Ministern. Wer als Sportler dagegen hinter seiner Fassade hervortreten möchte, begibt sich in Feindesland. Wo die „schwule Sau“zum Standardrepertoire jeder Südkurve gehört, ist zur vollen Deckung geraten. Auch Thomas Hitzlsperger, ehemaliger Nationalspieler, hat sich erst nach seiner Karriere aus dem Schwulenversteck gewagt. Der DFB will ihn als offizielles Mitglied seiner Delegation mit ins homophobe Russland nehmen. Vielleicht die erfreulichste Nominierung für den Confed Cup.