Keiner will die Diktatoren
In Gundelfingen sollten Statuen von Ostblockgrößen versteigert werden. Doch Lenin, Stalin und Co. sind wahre Ladenhüter
Gundelfingen Für Horst Dutschak ist es ein Wiedersehen. Vor vielen Jahren war er schon einmal hier in Gundelfingen, um sich die Statuen der Ostblockgrößen anzusehen. „Damals lagen sie auf dem Boden, die Brennnesseln sind um Stalin herumgewachsen. Das war eine Genugtuung“, verrät der 72-Jährige. 1968 ist er aus Rumänien nach Augsburg geflüchtet, weil er es hinter dem Eisernen Vorhang nicht mehr ausgehalten hat. Seine Großeltern wurden unter Stalin verschleppt. Und als der Diktator 1953 starb, da sagte der Opa: „Endlich ist der krepiert.“Nun stehen Horst Dutschak und Josef Stalin sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Dutschak will noch ein paar Fotos machen, bevor dessen Statue das Gelände von Kurz Natursteine in Gundelfingen (Landkreis Dillingen) für immer verlässt. Schließlich ist eine Versteigerung angesetzt. Die hat im Vorfeld in ganz Deutschland für Schlagzeilen gesorgt. Und so haben sich an diesem Samstag einige Journalisten, Fotografen und auch ein Kamerateam des MDR aus Leipzig zwischen Grabsteinen und Vogeltränken versammelt, um zu sehen, wer sich einen Diktator kaufen will. Zu haben sind nicht nur Josef Stalin, sondern auch Klement Gottwald, Antonin Zapotocky, zwei Statuen von Ernst Thälmann und nicht zuletzt der „Rote Bahnhofsvorsteher“mit Wladimir Lenin. Ein Monument, das bis 1992 auf dem Dresdner Bahnhofsvorplatz zu finden war. Im Vorfeld der Versteigerung gab es Diskussionen in der Stadt, ob man den „Bahnhofsvorsteher“ wieder in die Heimat holen sollte. Doch dafür fehlt Dresden das Geld. „Aber wer weiß, vielleicht kommt einer, der sagt: Ich habe das Geld, ich kauf das und stelle ihnen das hin?“, mutmaßt Auktionator Frank Ehlert. Und verrät, dass er im Vorfeld der Versteigerung auch mit Interessenten aus China und Russland Kontakt hatte. Nicht einmal eine halbe Stunde später aber ist klar: Es hat sich kein reicher Mäzen gefunden. Nicht für den Bahnhofsvorsteher und auch nicht für die anderen fünf Skulpturen. Zwar haben sich im Internet einige die Auktion im Livestream angesehen. Doch geboten hat niemand. Auch nicht vor Ort. Dort blieben die Stuhlreihen, im Freien vor Stalin und Co. aufgestellt, leer. Etwas enttäuscht ist Firmeninhaber Josef Kurz, dessen Vater die Statuen zusammengesammelt hat, schon. Aber nun müsse man erst einmal abwarten, was im Nachhinein noch gehe. Das sagt auch Auktionator Ehlert. „Vielleicht war die Zeit noch nicht ganz reif. Aber das war heute für uns eine Art Startschuss.“Die Nachverkaufszeit läuft jetzt vier Wochen. Und vielleicht kauft sich ja doch noch einer Josef Stalin für den Vorgarten. Horst Dutschak wird es sicher nicht sein.