Die Trachtlerhochburg Merching
Steht das Brauchtum vor dem Aus? In der kleinen Gemeinde nicht. Hier halten gleich zwei Vereine die Tradition hoch. Warum sie seit Jahrzehnten nebeneinander bestehen und was ihren Erfolg ausmacht
Merching Die Merchinger Trachtler sind eine Klasse für sich: Während in vielen Regionen Bayerns die Brauchtumspflege nachlässt, hat der kleine Ort gleich zwei Vereine.
Sie sind gemeinsam fast so mitgliederstark wie der komplette TSV Merching, der etwa 900 Mitglieder hat. Einige Trachtler haben sich schon den Bayerischen Löwen ertanzt, manche sind gelegentlich im Rundfunk zu hören – und einer von ihnen begrüßte stellvertretend für alle Trachtler Bayerns gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer den damals amtierenden Präsidenten Barack Obama.
Dass es zwei Vereine gibt, sehen beide Seiten als gesunde Konkurrenz im positiven Sinne: Man besucht sich gegenseitig bei den Festen, man hilft sich mit Biergarnituren aus und leiht sich schon mal die Kulisse für ein Theaterstück. Als 2005 die Kinder der beiden damaligen Vorsitzenden Bernhard Schwab vom Heimat- und Volkstrachtenverein D’ Paartaler und Max Rohrmair vom Heimatund Trachtenverein Bayermünching heirateten, war das für beide Vereine ein besonderes Zeichen. „Es war wie eine Besiegelung der Freundschaft untereinander“, sagt Rohrmair, für den „Trachtler sein“ein Lebensgefühl ist. „Ich sage auch den jungen Trachtlern immer wieder: Man muss sich für die Tracht einsetzen. Nicht, weil man sich profilieren will, sondern weil das ein Stück unserer Kultur ist.“Er selbst trägt immer Tracht – auch im Ausland. Zudem hat Rohrmair ein ganzes Jahr ehrenamtlich jedes Wochenende als Bauleiter beim Aufbau des Trachtenkulturzentrums in Holzhausen gearbeitet und hat durch seine Begeisterung mittlerweile Fans auf der ganzen Welt. Dazu gehöre auch Barack Obama, den er auf dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015 begrüßen durfte. „Diese Erlebnisse kann einem keiner nehmen.“Das begeistere auch den Nachwuchs, der beim Familienverein einen besonderen Stellenwert besitzt und um den sich die älteren Mitglieder über die „Plattlprob“hinaus liebevoll bemühen. Dazu gehören gemeinsame Ausflüge, die sich an einem Sonntag kurzfristig ergeben oder die Rohrmair jedes Jahr für mehr als 40 Personen organisiert. Auch Spontan-Auftritte, etwa bei einer Schifffahrt auf der Moldau durch Prag, kommen gut an. Zudem werden Ermäßigungen geboten und es gibt Ermutigung bei Auftritten und sogar Strümpfe, die Frauen beim „Hoagartn“stricken.
Auch die D’Paartaler leisten eine intensive Jugendarbeit: Vorsitzender Bruno Meier weiß, dass die Kinder und Jugendlichen die Zukunft des Vereins sind. „Es funktioniert nur, weil sich alle, Jung und Alt, gut verstehen.“Und es funktioniere, „wenn die Eltern gerne kommen, die Jugend bleibt und sich wohlfühlt, ent- stehen Freundschaften.“Den Mitgliedern sind der starke familiäre Zusammenhalt und das Trachtlerleben wichtig. Auf die Frage, was das besondere am Verein ist, antworten fast alle: „Unser Trachtenheim – das ist ein Stück Heimat.“Der ehemalige D’ Paartaler-Sänger Hans Lohr hat den Aufbau miterlebt und erinnert sich genau, wie mit viel Einsatz aus einem ehemaligen Schuttgelände ein schmuckes Heim ganz idyllisch an der Paar entstand.
Stolz ist man auch auf die Erfolge der Jüngsten beim Plattln. „Zehn Jahre dauert es, bis man jemanden aufgebaut hat“, sagt Vorsitzender Meier und fügt hinzu: „Wir haben das Glück, immer mit Livemusik tanzen zu können“, fügt er hinzu. Das gilt auch für die Bayermünchinger. Die D’Paartaler marschieren mit der Trachtenkapelle Steindorf bei jedem Umzug auf, sorgen als Feiromd Musi oder Trio Mandicho auf Festen für Stimmung. Bereits seit 1932 gibt es die D’Paartaler Sänger, die bis heute ein Begriff in der Volksmusik sind. Bei den Bayermünchingern überzeugt der Paartaler Dreigsang. 2018 feiern die Bayermünchinger Stubenmusi und der Christian Dreigesang ihr 40-jähriges Jubiläum – durch Rundfunk- und Fernsehauftritte seien sie sogar in Japan bekannt. Vorsitzender Rohrmair: „Solange es ein Miteinander gibt, ist es mir um keinen der beiden Trachtenvereine bang. Vielleicht nicht in dieser Größenordnung, aber wichtiger ist es sowieso, dass die Mitglieder weiter so aktiv bleiben.“
Bei uns im Internet Weitere Bilder von den Trachtlern unter friedberger allgemeine.de/bilder