Friedberger Allgemeine

Die Trachtlerh­ochburg Merching

Steht das Brauchtum vor dem Aus? In der kleinen Gemeinde nicht. Hier halten gleich zwei Vereine die Tradition hoch. Warum sie seit Jahrzehnte­n nebeneinan­der bestehen und was ihren Erfolg ausmacht

- VON CHRISTINA RIEDMANN POOCH

Merching Die Merchinger Trachtler sind eine Klasse für sich: Während in vielen Regionen Bayerns die Brauchtums­pflege nachlässt, hat der kleine Ort gleich zwei Vereine.

Sie sind gemeinsam fast so mitglieder­stark wie der komplette TSV Merching, der etwa 900 Mitglieder hat. Einige Trachtler haben sich schon den Bayerische­n Löwen ertanzt, manche sind gelegentli­ch im Rundfunk zu hören – und einer von ihnen begrüßte stellvertr­etend für alle Trachtler Bayerns gemeinsam mit Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer den damals amtierende­n Präsidente­n Barack Obama.

Dass es zwei Vereine gibt, sehen beide Seiten als gesunde Konkurrenz im positiven Sinne: Man besucht sich gegenseiti­g bei den Festen, man hilft sich mit Biergarnit­uren aus und leiht sich schon mal die Kulisse für ein Theaterstü­ck. Als 2005 die Kinder der beiden damaligen Vorsitzend­en Bernhard Schwab vom Heimat- und Volkstrach­tenverein D’ Paartaler und Max Rohrmair vom Heimatund Trachtenve­rein Bayermünch­ing heirateten, war das für beide Vereine ein besonderes Zeichen. „Es war wie eine Besiegelun­g der Freundscha­ft untereinan­der“, sagt Rohrmair, für den „Trachtler sein“ein Lebensgefü­hl ist. „Ich sage auch den jungen Trachtlern immer wieder: Man muss sich für die Tracht einsetzen. Nicht, weil man sich profiliere­n will, sondern weil das ein Stück unserer Kultur ist.“Er selbst trägt immer Tracht – auch im Ausland. Zudem hat Rohrmair ein ganzes Jahr ehrenamtli­ch jedes Wochenende als Bauleiter beim Aufbau des Trachtenku­lturzentru­ms in Holzhausen gearbeitet und hat durch seine Begeisteru­ng mittlerwei­le Fans auf der ganzen Welt. Dazu gehöre auch Barack Obama, den er auf dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau 2015 begrüßen durfte. „Diese Erlebnisse kann einem keiner nehmen.“Das begeistere auch den Nachwuchs, der beim Familienve­rein einen besonderen Stellenwer­t besitzt und um den sich die älteren Mitglieder über die „Plattlprob“hinaus liebevoll bemühen. Dazu gehören gemeinsame Ausflüge, die sich an einem Sonntag kurzfristi­g ergeben oder die Rohrmair jedes Jahr für mehr als 40 Personen organisier­t. Auch Spontan-Auftritte, etwa bei einer Schifffahr­t auf der Moldau durch Prag, kommen gut an. Zudem werden Ermäßigung­en geboten und es gibt Ermutigung bei Auftritten und sogar Strümpfe, die Frauen beim „Hoagartn“stricken.

Auch die D’Paartaler leisten eine intensive Jugendarbe­it: Vorsitzend­er Bruno Meier weiß, dass die Kinder und Jugendlich­en die Zukunft des Vereins sind. „Es funktionie­rt nur, weil sich alle, Jung und Alt, gut verstehen.“Und es funktionie­re, „wenn die Eltern gerne kommen, die Jugend bleibt und sich wohlfühlt, ent- stehen Freundscha­ften.“Den Mitglieder­n sind der starke familiäre Zusammenha­lt und das Trachtlerl­eben wichtig. Auf die Frage, was das besondere am Verein ist, antworten fast alle: „Unser Trachtenhe­im – das ist ein Stück Heimat.“Der ehemalige D’ Paartaler-Sänger Hans Lohr hat den Aufbau miterlebt und erinnert sich genau, wie mit viel Einsatz aus einem ehemaligen Schuttgelä­nde ein schmuckes Heim ganz idyllisch an der Paar entstand.

Stolz ist man auch auf die Erfolge der Jüngsten beim Plattln. „Zehn Jahre dauert es, bis man jemanden aufgebaut hat“, sagt Vorsitzend­er Meier und fügt hinzu: „Wir haben das Glück, immer mit Livemusik tanzen zu können“, fügt er hinzu. Das gilt auch für die Bayermünch­inger. Die D’Paartaler marschiere­n mit der Trachtenka­pelle Steindorf bei jedem Umzug auf, sorgen als Feiromd Musi oder Trio Mandicho auf Festen für Stimmung. Bereits seit 1932 gibt es die D’Paartaler Sänger, die bis heute ein Begriff in der Volksmusik sind. Bei den Bayermünch­ingern überzeugt der Paartaler Dreigsang. 2018 feiern die Bayermünch­inger Stubenmusi und der Christian Dreigesang ihr 40-jähriges Jubiläum – durch Rundfunk- und Fernsehauf­tritte seien sie sogar in Japan bekannt. Vorsitzend­er Rohrmair: „Solange es ein Miteinande­r gibt, ist es mir um keinen der beiden Trachtenve­reine bang. Vielleicht nicht in dieser Größenordn­ung, aber wichtiger ist es sowieso, dass die Mitglieder weiter so aktiv bleiben.“

Bei uns im Internet Weitere Bilder von den Trachtlern unter friedberge­r allgemeine.de/bilder

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Fotos: Christina Riedmann Pooch, Archivfoto­s: Doris Christian, Martin Schramm D’Paartaler Jugend beim Plattln im Mai 2017.
 ??  ?? Spektakulä­r und nur für Sportliche: der Haxenschme­isser, ge tanzt von den Bayermünch­ingern.
Spektakulä­r und nur für Sportliche: der Haxenschme­isser, ge tanzt von den Bayermünch­ingern.
 ??  ?? Die Paartaler Sänger 1936: (von links) Xari Riedmüller, Schorsch Deininger, Willi Wenzl und Bernhard Jocher.
Die Paartaler Sänger 1936: (von links) Xari Riedmüller, Schorsch Deininger, Willi Wenzl und Bernhard Jocher.
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Die Bayermünch­inger Stubenmusi schaut auch schon auf eine lange Zeit zurück. Hier ein Bild von 1983.

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