Nostalgische Reise in die gute alte Schulzeit
Wittelsbacher Theaterfreunde meistern ihre Premiere der „Feuerzangenbowle“am Sisi-Schloss mit Bravour und Lokalkolorit. Sieben Vorstellungen unter freiem Himmel im Aichacher Stadtteil bis zum zweiten Juli-Wochenende
Aichach Unterwittelsbach Der Premierenabend am Sisi-Schloss im Aichacher Stadtteil Unterwittelsbach war ausverkauft. Gestärkt mit einem Mixgetränk à la Bowle und einem Pfeifferstangerl feierte das Publikum mit den Theaterfreunden Wittelsbach und dem Klassiker „Die Feuerzangenbowle“von Heinrich Spoerl eine komische Premiere mit nostalgischen Gefühlen. Nach rund drei Stunden weiß der Zuschauer wieder, wieso der Roman den erfolgreichen Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer zur Kultfigur werden ließ. Die Herrenrunde und das Publikum sind sich einig: „Das Schönste im Leben war die Gymnasialzeit.“
Die Geschichte von der schönsten Zeit des Lebens, die es notfalls nachzuholen gilt, erzählt seit 1933 Heinrich Spoerls „Feuerzangenbowle“– sie tut es als hübsche Komödie, in der erwachsene Schriftsteller als Oberprimaner durchgehen und, sozusagen als Abiturgeschenk, die liebreizende Tochter des Direktors freien dürfen. Das Ensemble der Theaterfreunde Wittelsbach hat Pfeiffer „mit drei f“passgenau mit Sorgfalt besetzt und nach Aichach verlegt. Trotzdem muss der Zuschauer kein „da stellen wir uns mal janz dumm“und kein „Sie sind oolbern“und „Schööler“vermissen. Ein beachtlicher Teil des Publikums kann den Text mitsprechen.
Ein „Loblied auf die Schule“schrieb Autor Heinrich Spoerl zu Beginn in seinem Roman, der im Anfangsjahr der düstersten deutschen Ereignisse erschienen ist. Die Literaturgeschichte hat von ihm keine große Notiz genommen. Doch der Film, der mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle zu einem der größten deutschen Kinoerfolge geriet, bleibt unvergessen und geliebt, zumindest bei den nicht mehr ganz so jugendfrischen Generationen. Wie verständlich ist eine Handlung überhaupt, in deren Mittelpunkt ein „Pennal“steht und die Aktionen einer rein männlichen „Oberprima“? Die Reaktionen des Publikums bei der Premiere im Open-Air-Theater verwischen all diese Bedenken: Das Schauspiel ist ein überwältigender Erfolg mit viel Zwischenapplaus. Gelegentlich reicht ein Zitat, der Einstieg in eine Szene, dem Publikum vom Film geläufig, für spontanen erkennenden Beifall. Im OpenAir-Theater wird eine von historischen Skrupeln freie nostalgische Revue geboten – die mit erkennbarem Spaß, mit Ideenreichtum und Detailfreude in brutto guten drei Stunden im Wittelsbacher Dialekt dargeboten wird. Den bubenhaften Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer gibt Günther Zotz. Er verkörpert idealtypisch die schnelle Verwandlung in einen Oberprimaner. Acht Schauspieler, die teils wirklich blutjung auszusehen vermögen, drücken mit ihm die Schulbank. Natürlich muss man auch die berühmte Heidelbeerwein-Szene bei Professor Crey (Joe Wörle) nicht vermissen, bei der ein „wöönziger Schluck“unglaubliche Auswirkungen hat.
Franz Mair ist der genialische Bömmel, der die Dampfmaschine erklärt: „En Dampfmaschin’, dat is ene jroße schwarze Raum, der hat hinten und vorne e Loch.“Theo Hell gibt den Direx mit der hübschen Tochter Katharina Oswald. Monika HuberRegau ist Pfeiffers überkandidelte Verlobte. Und Renate Heinrich die sich mütterlich einmischende Zimmerwirtin. Alle Spieler wissen zu gefallen.
Neben den Schauspielern sind ebenso die Masken- und Kostümbildner zu loben – deren Arbeit ist auch gemeint mit der eingangs gelobten Sorgfalt, zu der auch ein Oldtimer-Mercedes und der immer wieder das Pausenzeichen gebende und das Tor schließende Pedell gehören.