Der clevere Reformer
GVON WINFRIED ZÜFLE anz schön clever: Emmanuel Macron lässt den Franzosen – zumindest zunächst – ihre liebste sozialpolitische Errungenschaft: die 35-Stunden-Woche. Sobald diese angetastet wird, muss er mit gewaltigen Demonstrationen und Streiks rechnen. Er hat recht: Diese Kraftprobe kann warten.
Stattdessen legt der forsche Politiker, der von null auf hundert durchgestartet ist, mit den Strukturreformen los, die den erstarrten Arbeitsmarkt in Bewegung bringen sollen. Dass in diesem Bereich Reformbedarf besteht, sieht wohl auch in Frankreich die Mehrheit ein. Sonst hätte Macron nicht im zurückliegenden Wahlmarathon so viel Zustimmung erhalten.
Auch wenn es in Paris nicht gerne ausgesprochen wird: Vorbild in dieser Hinsicht ist Deutschland. Die Strukturreformen der „Agenda 2010“, die Kanzler Gerhard Schröder durchgesetzt hat, haben einen lang anhaltenden Aufschwung ermöglicht. Den hofft Macron nun auch in Frankreich auszulösen.
Doch er sollte gewarnt sein. Wer sich als Reformer nur der Staatsräson verpflichtet fühlt, den kann dieser Einsatz, siehe Deutschland, am Ende das Amt kosten. Aber vielleicht ist Macron ja schlauer.