Ein roter Teppich für Tony Martin
Alles ist für die Fahrt des deutschen Sprinters ins Gelbe Trikot zum Auftakt der Tour de France in Düsseldorf vorbereitet. Doch das Wetter bereitet Sorgen
Düsseldorf Die Tour-Organisatoren haben ein Herz für die Gastgeber und Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin den roten Teppich ausgelegt: 14 Kilometer, topfeben bis auf zwei Brücken-Überquerungen – Rheinufer, Königsallee und zurück. Der Parcours des Auftaktes der 104. Tour de France am Samstag ab 15.15 Uhr in Düsseldorf ist für den Katusha-Alpecin-Kapitän maßgeschneidert.
„Der Kurs liegt mir – Gelb wäre ein Traum“, sagte der 32 Jahre alte deutsche Radprofi, der sich zum zweiten Mal nach 2015 das begehrte Trikot holen will und sich beim Heimspiel in der Karnevalshochburg in die Herzen der – hochgerechnet – eine Million Zuschauer fahren will. Am Freitag absolvierte der Kandidat für Gelb noch einmal außerhalb der Stadt ein Training.
„Bisher konnte ich etwa 90 Prozent der Zeitfahr-Strecke abfahren, allerdings nur im Verkehr“, erklärte Martin, der für seinen wichtigsten Samstag des Jahres zuversichtlich ist: „Ich bin total entspannt.“Vor dem ersten Start wird er die 14 Kilometer auf abgesperrtem Kurs mehrmals abfahren. Der viermalige Weltmeister im Kampf gegen die Uhr gehört am Samstag mit zu den letzten Startern, was ihn wahrscheinlich auch nicht vor dem prognostizierten Regen bewahren wird.
„Hauptsache, alle haben dieselben Bedingungen“, erhofft sich der dem ein großer Familienkreis die Daumen drückt. „An der Entwicklung des aerodynamischen Rennanzuges hat sich Tony mitbeteiligt, als so ziemlich einziger wird er vorne nur mit einem Kettenblatt fahren“, nannte Teamsprecher Falk Nier am Freitag technische Details.
Mit 58 Zähnen will er ins Maillot Jaune fahren. Die Spezial-Rennmaschine testete Martin zuletzt bei den deutschen Meisterschaften am vergangenen Wochenende in Chem- Bereits vor gut einem Jahrzehnt hatte Düsseldorf Interesse am Tour Start signalisiert. Nachdem aber zahlreiche Dopingskandale den deutschen Radsport in eine tiefe Krise gestürzt hatten, wurde der Plan wieder verworfen. Nach dem Auf schwung der letzten Jahre und dem Wiedergewinn an Glaubwürdig keit innerhalb der Branche flamm te die Idee vom Rad Spektakel am Rhein neu auf. Den Tour Veran stalter ASO hat es gefreut. Die Tour trägt regelmäßig den Grand Dé part im Ausland aus, um neue Märk te zu erschließen. Die Stadt muss rund 13 Millionen Euro für das Spektakel bezahlen. Demgegen über stehen bislang Einnahmen von gut acht Millionen Euro. nitz, wo er sich den siebten ZeitfahrTitel holte. Das war erst der erste Erfolg in diesem Jahr in seiner Spezial-Disziplin. Die große Generalprobe beim hochkarätig besetzten Critérium du Dauphiné zu Monatsbeginn hatte ihm Richie Porte über 23,5 Kilometer vermasselt. Der Australier war 12 Sekunden schneller.
Aber nicht so sehr Porte, der bei dieser Tour seine ganze Energie in den ersten möglichen Gesamtsieg stecken will, sondern eher den eheWahlschweizer, maligen Skispringer Primoz Roglic (Slowenien), den Schweizer Stefan Küng oder den Niederländer Jos van Emden nannte Martin als Hauptkonkurrenten. Sein Angstgegner Rohan Dennis ist nicht am Start, dessen BMC-Team ist komplett auf Porte ausgerichtet und hatte keinen Platz für den Spezialisten.
Bei einer ähnlichen Konstellation wie am Samstag hatte ihm der frühere Stunden-Weltrekordler 2015 beim Tourstart in Utrecht/Niederlande einen Strich durch die Rechnung gemacht. Topfavorit Martin war zum Tour-Auftakt vor zwei Jahren über 13,8 Kilometer fünf Sekunden langsamer als Dennis und verpasste zunächst Gelb.
Danach startete Martin einen nervenaufreibenden Kampf um Sekunden und die Spitzenposition. Auf Kopfsteinpflaster in Cambrai glückte ihm der Coup nach einer imposanten Soloflucht: Martin führte zum ersten Mal das Tourfeld an. „Ich erinnere mich noch ganz genau. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, man ist der Mittelpunkt der Radsport-Welt“.
Zwei Etappen später in Le Havre war der Traum jedoch vorbei: Tony Martin stürzte, brach sich das Schlüsselbein und musste im Gelben Trikot vorzeitig nach Hause. Einen Tag gab es keinen Fahrer in Gelb – der Brite Chris Froome hatte sich aus Respekt vor Martin geweigert, es zu tragen.
Die Tour in Düsseldorf