Friedberger Allgemeine

Das neue Gesicht der FDP

2013 flog die FDP aus dem bayerische­n Landtag und dem Bundestag. Nun will die Partei wieder angreifen – mit einem weitgehend unbekannte­n Mann an der Spitze: Daniel Föst

- VON WILLIAM HARRISON ZEHELEIN

München Selten ist eine politische Partei so untergegan­gen wie die FDP im September 2013. Klägliche 3,3 Prozent bei der bayerische­n Landtagswa­hl, gerade einmal 4,8 Prozent bei der Bundestags­wahl: Als Regierungs­partei sind die Freien Demokraten in hohem Bogen aus dem Landtag und dem Bundestag geflogen – der absolute Tiefpunkt in der Geschichte der 1948 gegründete­n Partei. Es drohte das Abrutschen in die politische Bedeutungs­losigkeit. Auch der damalige Vorsitzend­e der Münchner FDP, Daniel Föst, war völlig zerknirsch­t. „Die ganze Partei steckte in einer tiefen Depression“, sagt er rückblicke­nd.

Seit jenem Wahldebake­l ist es ruhig um die FDP geworden – sie war in den vergangene­n dreieinhal­b Jahren auf Tauchstati­on. Doch heute strotzt die komplett neu reformiert­e Partei, die sich nun lieber die „Freien Demokraten“statt die „Liberalen“nennt und die schrill leuchtende Telekom-Farbe Magenta ins Logo aufgenomme­n hat, nur so vor Selbstvert­rauen. Daniel Föst, der als Spitzenkan­didat der bayerische­n FDP bei den Bundestags­wahlen im Herbst antreten wird, hat am Aufschwung der Partei großen Anteil. Der amtierende Generalsek­retär der erzählt, wie sich bei einer Tagung in Nürnberg die bayerische­n Wahlkämpfe­r der Freien Demokraten mit den in Magenta leuchtende­n FDP-Sitzkissen eine wilde Kissenschl­acht geliefert haben: „Die Stimmung in der Partei ist gut. Es herrscht wieder Euphorie.“

Der 40-jährige Familienva­ter ist eine stattliche Erscheinun­g. Er hat ein breites Kreuz, sanfte blaue Augen, kurz gewelltes braunes Haar und trägt einen hippen Bart. Der gelernte Möbelverkä­ufer mit einer Vorliebe für das Wort „geil“wechselte früh in die Start-Up-Szene, ist mittlerwei­le Teilinhabe­r zweier Online-Shops und nimmt sich nun für das Wahlkampfj­ahr ein Sabbatjahr.

Natürlich sei bei der Tagung nicht nur herumgeblö­delt worden, sagt Föst. Man habe sich vor allem mit der wichtigste­n Frage des Wahlkampfs beschäftig­t: Wie erreichen wir den Wähler? „Der direkte Dialog mit dem Bürger wird das Entscheide­ndste in unserem Wahlkampf 2017 sein“, sagt Föst. Der Whiskylieb­haber geht fest davon aus, dass die FDP im Herbst den Sprung in den Bundestag schafft und er als bayerische­r Spitzenkan­didat nach Berlin gehen darf. Doch woher dieser Optimismus? „Die Leute sehen, dass wir aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt ha- ben“, sagt Föst. Allein in diesem Jahr seien über 150 Menschen in die FDP-Bayern eingetrete­n.

Alles andere als rosig waren für Föst und seine FDP-Kollegen die vergangene­n Jahre. Der Hobbyboxer beschreibt den harten Weg der Partei: Wie 20 Prozent der Mitglieder nach den Wahlen die Partei verließen oder wie man von der großflächi­gen Parteizent­rale am Rindermark­t in ein kleines Büro im Münchner Bahnhofsvi­ertel umziehen und das Personal um zwei Drittel kürzen musste. „Der Zustand der Partei war besorgnise­rregend“, erinnert sich Föst.

Die FDP sei als Regierungs­partei abgehoben gewesen und habe den Kontakt zur Basis verloren, begründet Föst die bittere Wahlnieder­lage von 2013. Er erinnert sich beschämt an einen Brief mit politische­n Vorschläge­n der Münchner FDP, den Föst 2012 an die Parteispit­ze in Berlin geschickt hat: „Nach einem halben Jahr kam ein Brief aus edlem Papier und mit goldener Prägung zurück. Darin stand: ,Lieber Herr Föst, es ist so wichtig, dass wir eine engagierte Basis haben. Vielen Dank und freundlich­e Grüße, Philipp Rösler‘“. Ein solcher Umgang dürfe in der FDP nie mehr vorkommen, sagt Föst. „Die Basis sorgt von nun an dafür, dass die Führung nicht abFDP-Bayern hebt.“Der Vater zweier Söhne legt seine Visitenkar­te vor. Darauf steht seine private Handynumme­r – so kann ihn die Basis jederzeit erreichen. „Wir haben uns in Bayern so stark erneuert, wie kein anderer Landesverb­and der FDP“, schildert Föst. Zusammen mit dem Landesvors­itzenden Albert Duin hat er in Bayern verhindert, dass diejenigen, die nach den letzten Wahlen ihre Mandate verloren hatten, wieder an die Parteispit­ze rückten. aus Hessen sowie einem 62-jährigen Buchhalter aus Nordrhein-Westfalen soll er schließlic­h mit seinem Kontakt zum Münchner Amokläufer geprahlt haben. Im Mai 2016 hatte der 18-jährige David S. bei ihm für 4000 Euro eine Pistole des Typs Glock 17 und dazugehöri­ge Munition gekauft. Im Keller seines Elternhaus­es übte der 18-Jährige danach das Schießen mit der Pistole. Am 22. Juli 2016 erschoss er in München neun Menschen, verletzte fünf weitere und tötete danach auch sich selbst.

Daraufhin stellten die Ermittler dem 31-jährigen Waffenhänd­ler aus dem hessischen Marburg am 16. August eine Falle: Sie täuschten den Kauf einer Maschinenp­istole, einer Pistole und größerer Mengen Munition vor. Bei der Übergabe nahe dem Marburger Bahnhof nahm eine Spezialein­heit des Zollkrimin­alamts Philipp K. fest.

Der im August beginnende Prozess soll auch klären, inwieweit der Waffenhänd­ler aus Hessen schon vor dem Amoklauf in München von den Plänen des 18-jährigen Täters wusste. Medienberi­chten zufolge seien die Ermittler der Auffassung, dass der 31-Jährige mindestens hätte ahnen müssen, was David S. mit der Pistole und der Munition vorhatte.

 ?? Foto: Gelhot ?? Daniel Föst ist der Spitzenkan­didat der bayerische­n FDP bei der Bundestags wahl.
Foto: Gelhot Daniel Föst ist der Spitzenkan­didat der bayerische­n FDP bei der Bundestags wahl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany