Trumps Mann in Berlin
Er twittert noch mehr als der Präsident, er lebt mit einem Mann zusammen und ist im Zweifel doch stramm konservativ. Versteht Richard Grenell uns Deutsche?
Die Bundesregierung kann sich darauf einstellen, es mit einem ebenso smarten wie robusten Repräsentanten von Donald Trump in Berlin zu tun zu bekommen. Der PR-Berater Richard Grenell, den der amerikanische Präsident für den Botschafterposten in Deutschland auserkoren hat, legt sich bereits seit dem Wahlkampf mächtig für Trump ins Zeug. Als eifriger TV-Kommentator und Twitterer ist er auf Medienschelte spezialisiert und verteidigt Trump gegen angebliche Falschberichterstattung über die RusslandAffäre.
Bevor er nach Berlin umziehen darf, muss er zwar noch das Nominierungsverfahren im Senat durchlaufen. Auf seinem Twitter-Konto hat er jedoch an oberster Stelle eine Botschaft platziert, die bereits als freundlicher Gruß an sein mögliches künftiges Gastland gelesen werden kann: „Wir haben eine untrennbare Verbindung zu Europa. Wir teilen gemeinsame Werte.“
Grenell deutet damit an, dass er nicht nur auszuteilen, sondern auch zu umgarnen versteht. Auf dem diplomatischen Parkett ist er bewandert: Unter Präsident George W. Bush war er sieben Jahre Sprecher der amerikanischen Delegation bei den Vereinten Nationen. Damals arbeitete Grenell häufig mit deutschen Diplomaten zusammen, etwa bei den UNSanktionen gegen den Iran. Er erlebte die Deutschen aber auch als Kontrahenten, vor allem im Streit um die USInvasion im Irak.
Grenell stammt aus dem Bundesstaat Michigan und wuchs in einem evangelikalen Elternhaus auf. Von seinen konservativen Wurzeln hat er sich aber ein Stück weit emanzipiert. Der 50-Jährige hat eine langjährige Beziehung zu einem gleichgeschlechtlichen Partner, bekennt sich offen zu seiner Homosexualität und tritt auch politisch für die Homo-Ehe ein. Grenell, der an der EliteUniversität Harvard einen Abschluss in öffentlicher Verwaltung machte, ist Mitbegründer einer weltweit operierenden PRFirma. Er hat nach eigenen Angaben für Kunden in Europa, China, im Iran, in Kasachstan und im Kongo gearbeitet. Als politischer Kommentator tritt er nicht nur im Fernsehen auf, sondern hat auch Beiträge für Zeitungen und Onlineportale verfasst.
Die Twitterei betreibt er mit noch größerem Eifer als der Präsident. In dem KurzbotschaftenDienst gewährt Grenell auch Einblicke in sein Privatleben. So outet er sich als Fan der Popsängerin Britney Spears. Und er berichtet von seiner Krebserkrankung, die vor einigen Jahren erfolgreich mit einer Chemotherapie behandelt wurde. Sein Lebenspartner entwickelte danach eine App für Chemo-Patienten.
In dem Kurzbotschaften-Dienst veröffentlichte Grenell vor einigen Tagen auch ein Foto, das ihn mit strahlender Miene neben Trump im Oval Office zeigt: „Danke, Herr Präsident“, steht darunter. Grenell schreibt zwar nicht, wofür er sich bedankt – aber es darf vermutet werden, dass er den Job in Berlin meinte.