Europa ist für Handelskrieg mit den USA gerüstet
Die US-Sanktionen gegen Moskau treffen auch die EU. Darauf will Brüssel schnell reagieren
Brüssel Wann beginnt der Handelskrieg? Noch gestern wusste in Brüssel niemand, ob die EU am heutigen Morgen mit dem wichtigsten Verbündeten USA eine Phase neuer ökonomischer Auseinandersetzungen beginnt. Es wäre, so hieß es in der EU-Kommission am Montag, US-Präsident Donald Trump selbst, der mit seiner Unterschrift unter die neuen Russland-Sanktionen die Spirale in Gang setzen würde.
Dabei hat der Mann im Weißen Haus genau genommen gar keine andere Wahl: Angesichts der überwältigenden Mehrheit in Kongress und Senat für ein weiteres Embargo gegen Moskau kann Trump sich kein Veto leisten. Doch dieser Schlag Richtung Russland würde auch die europäische Beteiligung an insgesamt acht Energieversorgungsprojekten treffen, darunter die ohnehin heftig umstrittene Pipeline Nord Stream 2, die Erdgas von Sibirien durch die Ostsee direkt nach Deutschland liefert. Die USA wollen Moskau und sein Engagement auf dem Energiemarkt stören, sich dabei selbst als neue Lieferanten ins Gespräch bringen. Doch den Preis würden Unternehmen wie BASF, Eon und Wintershall zahlen, die an Bau und Betrieb der Leitung beteiligt sind. „Wir halten das schlicht und ergreifend für völkerrechtswidrig“, betonte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) schon vor wenigen Tagen. Es sei richtig, dass die EU-Kommission jetzt Reaktionen berate.
Am vergangenen Mittwoch bereits sprach Kommissionschef JeanClaude Juncker im Kreis seiner Mannschaft über Gegenmaßnahmen. Die EU stehe bereit, innerhalb von Tagen „angemessen zu reagieren“, sagte Juncker danach. Ein hoher EU-Diplomat bestätigte, die
Politische Absicht Das überpartei lich beschlossene Sanktions Paket im US Kongress verleiht den von Prä sident Barack Obama Ende 2016 erlassenen Strafmaßnahmen für die Einmischung in die Präsident schaftswahl sowie die Annexion der Krim Gesetzeskraft. Damit kann Präsident Donald Trump die Sanktio nen nicht mehr per Federstrich auf heben, sondern braucht eine Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses.
Firmen Betroffen sind die Aktivitä ten russischer Banken, Energiefirmen und Geschäftsleute. Mittelbar drohen auch ausländischen Drittfirmen Pro bleme, die mit sanktionierten Unter nehmen Geschäfte machen. Das be trifft z. B. Energieprojekte wie das Gas Pipeline Projekt Nord Stream 2. Namentlich genannt werden Vertreter der Bank Rossia sowie ihrer Filialen Gemeinschaft habe „ihr Arsenal scharf gestellt“. Noch herrscht Rätselraten über den Katalog der Schritte, mit denen sich Brüssel revanchieren will. Angeblich denkt die EU-Verwaltung daran, den Zugang amerikanischer Unternehmen zu Krediten bei europäischen Banken ABR Management und Sobibank. Be troffen sind auch Bauunternehmen sowie Eisenbahn und Schiffstranspor teure, die auf der Krim tätig sind.
Geheimdienste Sanktioniert wer den auch Institutionen, die mit dem russischen Militärgeheimdienst GRU und dem Inlandsgeheimdienst FSB assoziiert sind. Ebenfalls auf der schwarzen Liste finden sich drei Cy ber Firmen, die in Verdacht stehen, die Hackerangriffe auf die US Wahlen unterstützt zu haben.
Spionagenest Zudem enteigneten die USA zwei russische Liegenschaf ten in Maryland und bei New York, die offiziell als „Ferienvillen“, tatsäch lich aber für „Spionagezwecke“genutzt würden. Ende des Jahres hatte Oba ma 35 Diplomaten ausgewiesen, von denen die meisten als Agenten in den USA tätig waren. (spang) zu beschränken. Außerdem wird offenbar erwogen, den Verkauf von US-Fracking-Gas auf dem EUMarkt zu limitieren. Die Kommission versucht zu verhindern, dass die USA erst Strafmaßnahmen gegen Russland erlassen, die dann die Europäer treffen, um sich selbst anschließend „als Krisengewinner ins Spiel zu bringen“, hieß es aus dem Umfeld der EU-Behörde.
Inzwischen findet sich die EU in der fast schon kuriosen Rolle wieder, das Engagement der europäischen
Was die Sanktionen konkret bedeuten Konflikt um Stahl konnte noch entschärft werden
Wirtschaft in und mit Russland zu verteidigen und damit enger an Moskau heranzurücken. Die EU gibt sich jedenfalls entschlossen, auf das Maßnahmenpaket aus Washington „kurzfristig und auch auf anderen Gebieten zu antworten“, so die deutsche Ministerin Zypries. Noch vor wenigen Wochen war es gelungen, einen Handelskrieg mit den USA abzuwenden. Beim G20-Gipfel in Hamburg steckte Trump die geplanten Zugangsbeschränkungen für Stahlunternehmen zum USMarkt wieder weg. Jetzt scheint eine Eskalation unausweichlich.