Friedberger Allgemeine

Rund um die Uhr für Flüchtling­e im Einsatz

Walter Conradi und Werner Fischer wollen Asylbewerb­ern helfen. Aus Nachbarn wurden Freunde in Friedberg-West

- VON SABINE ROTH

Friedberg West Sie möchten das Gute, das sie im Leben erfahren haben, zurückgebe­n und engagieren sich daher im Asylhelfer­kreis in Friedberg-West. Lange Zeit waren sie Nachbarn, haben sich aber nur flüchtig gekannt. Inzwischen sind die beiden Rentner gute Freunde. Was treibt sie an?

Walter Conradi wohnt seit 44 Jahren in Friedberg-West. Er ist verheirate­t, hat zwei Kinder und vier Enkel. Seine Frau Anita ist ebenfalls aktiv im Asylhelfer­kreis. Inzwischen ist Conradi im Ruhestand, früher war er in einem großen Elektrotec­hnikUntern­ehmen in München tätig. An der Universitä­t Augsburg hat er über Altruismus promoviert, also über die Frage: Wie kann man anderen Leuten helfen? „Jetzt geht es mir sehr gut und ich habe viel Zeit. Ehrenamtli­ch bin ich in der Bürgerstif­tung Augsburg Beherzte Menschen und bei der lokalen Agenda 21 tätig“, erzählt der 66-Jährige. Heute möchte er in der Stadt, in der er sich sehr wohlfühlt, etwas Gutes tun.

Werner Fischer ist in FriedbergW­est geboren. In seinem Elternhaus wohnt er heute noch. Seit 46 Jahren ist er mit seiner Frau Agnes verheirate­t, hat eine Tochter und einen Sohn und sechs Enkelkinde­r. Mittlerwei­le ist der 66-Jährige in Rente. Die letzten zehn Berufsjahr­e war er geschäftsf­ührender Gesellscha­fter einer Ingenieurf­irma in Augsburg. Er war früher nie ehrenamtli­ch tätig, aber grundsätzl­ich immer sozial eingestell­t. „Ich glaube, ich kann mit Menschen gut umgehen. Das habe ich in meiner berufliche­n Tätigkeit gelernt“, sagt er und lacht.

Im Herbst 2015 strömten Hunderttau­sende Asylbewerb­er nach Deutschlan­d. „Dann kam der Aufruf von Ulrike Proeller, der Asyl- und Integratio­nsbeauftra­gten der Stadt mitzuhelfe­n“, erinnert sich Fischer. Seitdem sind die beiden Männer mittendrin und kümmern sich heute noch um die Flüchtling­sunterkunf­t in der Josef-Wassermann-Straße. Im Januar 2016 kamen die ersten Flüchtling­e an. „Wir Ehrenamtli­chen mussten alles machen“, so Fischer. „Wir waren rund um die Uhr beschäftig­t. Wir gingen zum Bürgerbüro und meldeten sie an, eröffneten Konten bei der Bank, ginnamhaft­en gen zu Arzttermin­en mit.“Seitenweis­e haben Fischer und Conradi Anträge ausgefüllt und sich um das Tarifsyste­m der Straßenbah­n gekümmert. „Das war zum Teil auch für uns Neuland“, erinnert sich Fischer, der sogar eine Art Handbuch mit Anleitunge­n erarbeitet hat.

Doch alleine konnten sie das alles nicht bewältigen und so entstand der Helferkrei­s. Fischer und Conradi fungieren seitdem mehr als KoordiFrie­dberg, natoren. Und sie springen immer dann ein, wenn Hilfe nötig ist. Auch heute noch sind die beiden zehn Stunden pro Woche im Einsatz. Conradi ist zufrieden, denn den Flüchtling­en gehe es jetzt ganz gut, alle hätten schlimme Phasen hinter sich. Er ist überzeugt, dass sie wieder eine Perspektiv­e haben. Was ihn besonders freut, ist, dass durch seine Asylhelfer­tätigkeit Nachbarsch­aftskontak­te zu 64 Helfern entstanden sind. Allesamt tolle Persönlich­keiten, die aus allen Schichten kommen. „Viele Leute hat man vorher nicht gekannt, das ist eine echte Bereicheru­ng für mich“, so auch Fischer. „Diese Menschen hätte ich so nie getroffen. Auch die Flüchtling­e freuen sich, wenn man zu ihnen kommt“, fügt er hinzu.

„Wir wollten Flüchtling­en aus einer schlimmen Situation helfen und ihnen eine sichere Heimat bieten. Jetzt müssen sie vor allem Arbeit finden“, so die Asylkoordi­natoren. Inzwischen helfen die beiden noch 50 Flüchtling­en. 30 haben Wohnungen gefunden. „Die brauchen uns nicht mehr “, freuen sich Conradi und Fischer, die den Eindruck haben, dass vor allem die Kinder mit ihrem neuen Leben gut zurechtkom­men. „Sie sind unsere Zukunft. Selbst wenn sie nicht da bleiben, haben sie gute Kontakte, wovon unsere Gesellscha­ft später einmal profitiere­n könne.“

Hilfe Demnächst kommt eine syrische Familie, dafür werden noch Paten gesucht. Wer Interesse hat, soll sich bei der städtische­n Integratio­nsbeauftra­gten Ulrike Proeller melden: 0821/65073654, ulrike.proeller@friedberg.de

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Foto: Sabine Roth Werner Fischer und Walter Conradi engagieren sich für ihre Flüchtling­e in der Unterkunft in Friedberg West und helfen ihnen, wo es geht. Auch heute noch.

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