Großartige Unterhaltung
Wieder so schräg wie klug: Richard Russo
So was können wirklich nur Amerikaner. So leichtfüßig mit Tiefgang erzählen und gerade in aberwitziger, satirischer Überzeichnung das wahre Leben treffen. Da brauchen Romane eben keinen irgendwie literarischen Anspruch, um als Kunst zu erscheinen. Die Meisterschaft zeigt sich gerade in der Unterhaltung… Kurz gesagt: geniale Schmöker!
Das neueste Werk des New Yorkers Richard Russo ist das beste Bespiel für dieses Phänomen. „Ein Mann der Tat“, fast 700 Seiten stark, erzählt vom entgleisenden Leben des Polizeichefs eines stinkenden Provinzkaffs. Seine Frau stürzte tödlich auf der Treppe, gerade als sie ihn verlassen wollte – seitdem legt Raymer das, was er in ihrem hinterbliebenen Auto fand,, nicht mehr weg: einen Garagentor-Öffner, der wohl zu ihrem Liebhaber führt. Bevor das aber geklärt wird, wollen ein Tag und eine Nacht des Wahnsinns überstanden sein: samt Störung der Totenruhe und Giftschlangen, Mordplänen aus Rache und Kanalbrüchen wegen Pfuschs, einem Blitzeinschlag und einer Persönlichkeitsspaltung, Familiendramen und einer Liebesgeschichte…
Hört sich an wie das übliche Rezept aufgepeppter Krimis. Und ist doch so viel mehr. Wie Kabarett gegenüber Comedy. Beinhaltet also Lebensklugheit und Erzählkunst. Ein Leserausch. Und eine Rückkehr zu den Helden, mit denen der Pulitzerpreis-Träger Russo dereinst in „Ein grundzufriedener Mann“seinen Durchbruch hatte.
Übs. von Monika Köpfer, Dumont, 688 S., 26 ¤