Die Moral per Gesetz
Macron will saubere Verhältnisse erzwingen
Paris In Frankreichs Politik herrschen künftig neue Regeln. Ein Gesetz – das erste in der Amtszeit des Präsidenten Emanuel Macron – soll für mehr Transparenz sorgen und gleichzeitig Selbstbereicherung und Interessenskonflikten den Boden entziehen. Auf diese Weise soll das Vertrauen der Menschen in ihr politisches Führungspersonal, das laut Umfragen auf einem Tiefststand angelangt ist, wieder gestärkt werden.
Gestern stimmte die Nationalversammlung für ein neues Gesetz zur „Moralisierung des öffentlichen Lebens“, das Macron im Wahlkampf versprochen hat. Es verbietet Abgeordneten unter anderem die Beschäftigung von Familienmitgliedern als Assistenten. Außerdem müssen künftig mit der parlamentarischen Arbeit verbundene Auslagen für die Erstattung einzeln belegt werden, während es dafür bislang pauschale Summen gab. Gestrichen werden zudem die Gelder für Subventionen, die die Parlamentarier nach Gutdünken in ihren Wahlkreisen an Vereine und Gemeinden verteilen konnten.
Im Wahlkampf hatte Macrons Verbündeter von der Zentrumspartei MoDem (Mouvement Démocrate), François Bayrou, ein Gesetz für mehr Transparenz zur Bedingung für seine Unterstützung des späteren Präsidenten gemacht. Paradoxerweise musste Bayrou selbst nach einem kurzen Gastspiel als Justizminister zurücktreten, da Vorwürfe aufkamen, MoDem habe Mitarbeiter der Parteizentrale vom EU-Parlament unrechtmäßig bezahlen lassen.
Nicht zuletzt ist Macrons Initiative auch die Folge des Skandals um den konservativen Kandidaten François Fillon, der den französischen Präsidentschaftswahlkampf in diesem Frühjahr über weite Strecken dominiert und Fillon möglicherweise um den Wahlsieg gebracht hatte. In seiner früheren Zeit als Abgeordneter hatte Fillon seiner Frau und zeitweise zweien seiner Kinder als Parlamentarische Assistenten hohe Gehälter aus der Staatskasse gezahlt, ohne dass erwiesen ist, ob diese wirklich gearbeitet haben. Momentan ermittelt die Justiz wegen des Verdachts der Scheinbeschäftigung.
Im Zuge der Affäre kam zum Vorschein, dass lukrative Anstellungsverträge für Familienangehörige im Parlament weitverbreitet sind. Was bislang legal, wenn auch moralisch fragwürdig war, wird nun gänzlich untersagt: Wer seinen Ehepartner, seine Kinder, Schwiegereltern oder Stiefkinder als Mitarbeiter im Parlament anstellt, dem drohen bis zu drei Jahre Haft und eine Geldbuße von bis zu 45000 Euro. Eine Anstellung entfernterer Verwandter muss deklariert werden. Parlamentarier der radikalen Linken, die wie andere Mitglieder der Opposition der gestrigen Abstimmung teilweise fernblieben, gingen die Maßnahmen allerdings nicht weit genug.