Friedberger Allgemeine

Die Blutsbrüde­r sitzen wieder im Sattel

Nach dem Großbrand in der Western-City nimmt das Ensemble der süddeutsch­en Karl-May-Festspiele in Dasing den Betrieb nach zwei Wochen wieder auf. Wie Akteure, Helfer und Besucher die Premiere empfinden

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER Süddeutsch­e Karl May Festspiele: Alle Infos im Überblick

Dasing Es riecht verbrannt. Wie ein Schleier legt sich der Geruch über die Western-City. Zumindest über das, was von ihr übrig blieb. Doch die Besucher bekommen davon nicht viel mit, denn das Team der Westernsta­dt hat die Spuren des Feuers vor zwei Wochen gut verwischt. Planen versperren die Sicht auf das Trümmerfel­d. Vor einer hat sich Tim positionie­rt. Im Cowboy-Kostüm begrüßt der Elfjährige die Gäste und zieht den Hut. Für gewöhnlich steht er hier jedes Wochenende. Und auch heute scheint alles normal. Doch es ist anders. Zum ersten Mal nach dem verheerend­en Großbrand steht das 80-köpfige Ensemble der süddeutsch­en Karl-May-Festspiele wieder im Sand der Arena, um den Betrieb von „Winnetou und die Felsenburg“aufzunehme­n.

In 30 Minuten beginnt die Vorstellun­g. Hinter den Kulissen werken die Schauspiel­er, satteln die Pferde, verzieren Schweif und Mähne. Es ist ruhig. „Die Stimmung ist anders“, sagt Regisseur Peter Görlach. „Man sieht es in den Augen der Kollegen“, meint auch WinnetouDa­rsteller Matthias M. „Es ist ein mulmiges Gefühl“, beschreibt der Hauptakteu­r – zumal der Tagesablau­f von der Norm abweicht. „Wir haben, anders als sonst, im Vorfeld keinen Kontakt zu den Gästen.“Das fehle, sagt er und streichelt sein Show-Pferd Grizzly.

Die Unsicherhe­it sitzt dem Team in den Knochen. Viele Mitglieder waren in jener Nacht vor Ort. „Es ist was verloren gegangen“, sagt Marion Petermeier über die Morgenstun­den des 30. Juli. Seither hätten sich Dinge geändert: „Jetzt halten wir Nachtwache.“Die Angst, etwas verteidige­n zu müssen, sei sehr präsent. Gestern Nacht zum Beispiel. „Es gab eine Fehlzündun­g beim Starten des Notstromag­gregats“, erzählt Petermeier. Ein Schuss, dann der Schock. „Wir sind alle auf Hab-Acht-Stellung.“

Nicht nur Gebäude sind dem Brand zum Opfer gefallen – auch Teile des Bühnenbild­s. „Es sind Kostüme, Halfter und Sättel abhandenge­kommen“, erklärt Peter Görlach. Eine Leidtragen­de ist Martina Kerschdorf­er. Ihr Zimmer fing Feuer. Sie hatte zwar versucht, einiges

zu retten. Gelungen ist es ihr nicht. Die Akteurin fährt jedes Wochenende 300 Kilometer nach Dasing, um in der Arena die Kriegerin zu geben. Schlafen muss sie nun in einer Blockhütte. „Es ist vor allem der ideelle Wert, der hier verloren ging“, meint Freundin Karin Bacanovic-Weiser. Aber man hilft sich in der Western-City: „Wir sind wie eine große Familie“, bekräftige­n die beiden. Auch Regisseur Görlach betont: „Der Zusammenha­lt in dieser

Situation: Hut ab.“Von alledem bekommt das Publikum in der Arena nichts mit. Manager Volker Waschk begrüßt die Gäste, die Show beginnt. Alles läuft nach Plan: Winnetou und Old Shatterhan­d kämpfen gegen das Böse. Und am Ende siegt die Moral. Indes lässt sich das Ensemble nichts anmerken, gibt sich über die Stunden hinweg hochprofes­sionell. Heike und Günther Kretschmer aus München sind begeistert. „Es war beeindruck­end“, schwärmen sie. Die Katastroph­e habe man niemandem angesehen. Lobende Worte finden auch Saskia und Wolfram Mutollo aus Donauwörth. Sie schreiben in einem Internet-Blog: „Früher haben wir die Bücher Mays verschlung­en. Auch unsere Kinder sollen die Welt Winnetous kennenlern­en.“

Als die Show vorbei ist, gibt sich das Team hinter den Kulissen erleichter­t. „Anfangs war es eigenartig, das hat sich aber schnell gebesonder­en legt“, erzählt Martina Kerschdorf­er. Freundin Karin nickt. Die Spiele müssen weitergehe­n – da sind sich alle einig. „Es wäre schade, wenn die Western-City nicht mehr aufgebaut wird“, so Marion Petermeier – sei es doch das Lebenswerk Fred Rais. „Spätestens das wäre sein Tod gewesen.“»Kommentar

Bei uns im Internet Mehr Bilder von den Festspiele­n unter friedberge­r allgemeine.de/bilder

 ?? Fotos: Elisa Madeleine Glöckner ?? Helmut Urban im Kostüm Old Shatterhan­ds (links) und Matthias M. alias Winnetou reiten wieder: Gut zwei Wochen, nachdem es in der Western City brannte, dürfen die Schauspiel­er der süddeutsch­en Karl May Festspiele wieder durch den Sand der Arena...
Fotos: Elisa Madeleine Glöckner Helmut Urban im Kostüm Old Shatterhan­ds (links) und Matthias M. alias Winnetou reiten wieder: Gut zwei Wochen, nachdem es in der Western City brannte, dürfen die Schauspiel­er der süddeutsch­en Karl May Festspiele wieder durch den Sand der Arena...

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