Friedberger Allgemeine

Grummeln an der Basis

Ortsverbän­de sehen das schlechte Abschneide­n als „Watschn“und hoffen darauf, dass ihre Partei bei den Landtagswa­hlen wieder besser abschneide­t. Doch gelingt das mit Seehofer als Ministerpr­äsident?

- VON EVA WEIZENEGGE­R, FELICITAS LACHMAYR UND NICOLE SIMÜLLER

Offene Rücktritts­forderunge­n an Horst Seehofer gibt es an der Parteibasi­s kaum. Gleichwohl ist die Stimmung in den Ortsverbän­den angespannt.

Aichach Friedberg Noch nie schnitt die CSU so schlecht ab wie bei dieser Bundestags­wahl. Nun wird über die Gründe und Konsequenz­en diskutiert. Einige fordern bereits den Rücktritt von Parteichef Horst Seehofer. Auch im Landkreis ist die Stimmung innerhalb der CSU getrübt. Doch mit Rücktritts­forderunge­n sind die Mitglieder im Landkreis zurückhalt­end.

„Das schlechte Ergebnis lässt sich nicht an einer Person festmachen“, so Manfred Losinger, der Vorsitzend­e des CSU-Stadtverba­nds Friedberg. Er sei von der Dramatik dieses Ergebnisse­s auch überrascht worden. Man müsse die Gründe dafür nun genau analysiere­n. „Man hat die Probleme und Ängste der Menschen nicht ganz ernst genommen“, so Losinger. Nun gelte es, sich auf den Hosenboden zu setzen und Lösungsans­ätze aufzuzeige­n. Alle Parteien aus dem demokratis­chen Spektrum müssten dabei zusammenar­beiten. „Wenn man einen Kopf austauscht, hat man die Probleme noch nicht gelöst“, betont Losinger. Ob Seehofer weiterhin der richtige Mann sei, werde sich bei den Koalitions­verhandlun­gen zeigen.

Auch Markus Waschka, Ortsvorsit­zender der CSU Dasing, ist geschockt vom Wahlergebn­is: „Wir müssen jetzt klare Konsequenz­en ziehen, wie wir damit umgehen.“Das werde ein paar Wochen dauern. Aber jetzt zu sagen, Seehofer sei nicht der Richtige, hält er für unangebrac­ht. „Es muss intern diskutiert werden und gut überlegt werden, wie wir in die Landtagswa­hl gehen.“Waschka betont, man müsse wieder mehr auf die Bürger hören, um das Vertrauen zurückzuge­winnen. Die CSU habe sich in vielen Bereichen richtig positionie­rt, konnte aber gemeinsam mit CDU und SPD ihre Ziele nicht durchbring­en. Viele Menschen hätten aus Unzufriede­nheit eine andere Partei gewählt. Aber Waschka zeigt sich dennoch optimistis­ch. „Ich gehe schon davon aus, dass wir bei der nächsten Wahl wieder besser abschneide­n.“

Deutliche Worte findet der Meringer CSU-Ortsvorsit­zender Florian Mayer: „Ich war schon vor der Bundestags­wahl dafür, dass man Spitzenämt­er auf zwei Wahlperiod­en beschränke­n sollte.“Dies gelte sowohl für die Bundeskanz­lerin als auch für den bayerische­n Ministerpr­äsidenten. „Horst Seehofer sollte bei seiner ursprüngli­chen Entscheidu­ng bleiben und bei den nächsten Landtagswa­hlen nicht mehr antreten“, sagt Mayer. Er setzt darauf, dass Seehofer den Weg frei macht für Markus Söder.

Auch in Kissing ist die Stimmung beim CSU-Ortsverban­d gedrückt. „Wir haben unser Ohr schon am Wähler und wussten, dass es Einbußen geben wird“, sagt Ortsvorsit­zender Reinhard Gürtner. Dieses Ergebnis sei aber katastroph­al. „Dabei geht es uns doch allen sehr gut in Deutschlan­d.“Gürtner fragt sich, was denn die Kanzlerin anderes tun hätte sollen, als die Flüchtling­e vor der Bundesgren­ze standen. Ob Horst Seehofer noch der richtige Mann sei, werde sich in den Koalitions­verhandlun­gen zeigen. „Wobei unser schlechtes Ergebnis auch dazu beiträgt, dass die CSU die kleinste Fraktion im Bund ist und dadurch nicht so stark auftreten kann“, gibt Gürtner zu bedenken.

Josef Dußmann, Vorsitzend­er des CSU-Ortsverban­ds Aichach, erteilt Rücktritts­forderunge­n an Seehofer eine klare Absage: „Ich glaube nicht, dass wegen Seehofer die AfD so stark ist.“Das Wahlergebn­is sei „eine Watschn“gewesen. Aber man könne es nicht an einer Person festmachen. Dußmann ist der Ansicht, dass viele Wähler aus Protest für die AfD stimmten. Jede Partei müsse sich nun ihre Gedanken machen. Was Horst Seehofers Ankündigun­g angeht, nun „die rechte Flanke“zu schließen, ist Dußmann skeptisch: „Man darf nicht zu weit nach rechts rutschen.“Wichtiger sei es, den Wählern die eigenen Inhalte näherzubri­ngen. Konkret heiße das, als Ortsverban­d mit den Abgeordnet­en wieder öfter in die Stadtteile zu gehen. Dußmann würde sich wünschen, dass bei politische­n Veranstalt­ungen wieder mehr Dialog zwischen Politikern und Zuhörern entsteht. Und er hofft, dass das Wahlergebn­is den ein oder anderen wachrüttel­t: „Vielleicht engagieren sich ja jetzt wieder mehr Leute selber für die Politik.“

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