Die Löwen kommen
In der Regionalliga-Begegnung zwischen der Bundesligareserve des FC Augsburg und 1860 München wird wohl ein Zuschauerrekord für die vierte Liga aufgestellt. Anlass zur Sorge gibt die ausgeprägte Fanfeindschaft beider Lager
Augsburg Eine Pressekonferenz allein genügt dem FC Augsburg an diesem Donnerstag nicht. In drei Etappen arbeitet der Fußball-Bundesligist die Fragen der Medienvertreter ab. Zunächst stehen Trainer Manuel Baum und Alfred Finnbogason zur Verfügung. Der Isländer erzählt davon, wie er die Feierlichkeiten nach der erstmaligen Qualifikation für eine Weltmeisterschaft mit viel Schlaf kompensiert hat; FCA-Coach Baum erläutert, wie schwer die Auswärtspartie in Hoffenheim werde (Samstag, 15.30 Uhr). Starker Gegner, guter Trainer, tolle Mannschaft. Altbekanntes also.
Die folgenden Gesprächspartner indes deuten auf Außergewöhnliches hin. U23-Trainer Dominik Reinhardt spricht normalerweise nicht im Rahmen einer Pressekonferenz; und Stefan Reuter, der Geschäftsführer Sport, steht in der Regel auch nicht öffentlich Rede und Antwort vor einem Spiel. Vor jedoch schon. Bei Reinhardt und Reuter drehte es sich nämlich nicht um Hoffenheim, es drehte sich um 1860 München und Augsburgs Regionalligamannschaft. In der WWK-Arena wird am Sonntag wohl ein Zuschauerrekord für die vierte Liga aufgestellt. Über 20000 Fans werden erwartet, darunter rund 7000 Löwen-Fans. Offiziell ist die Partie mit 30 660 Zuschauern sogar ausverkauft. Die rund 18000 Bundesliga-Dauerkarteninhaber des FCA haben freien Eintritt, ihre Plätze gelangten folglich nicht in den Verkauf.
In der Regel trägt Augsburgs U23 ihre Heimspiele im Rosenaustadion aus, diesmal jedoch entschied sich der FCA für den Umzug in seine Profi-Spielstätte. Aus zwei Grün- den: Einerseits begleiten seit dem Abstieg in die Regionalliga tausende Löwen-Fans ihre Mannschaft an Spieltagen durch ganz Bayern; im Rosenaustadion hätten sie nicht Platz gefunden, da die Ränge großteils wegen ihres schlechten Zustands gesperrt sind. Andererseits pflegen die aktiven Fanszenen aus Augsburg und München seit Jahrzehnten eine ausgeprägte Feindschaft. Diese führt dazu, dass die Begegnung als Hochrisikospiel eingestuft wird. Nur in der Arena ist es möglich, die Fanlager gänzlich zu trennen.
Mit einem Großaufgebot will die Polizei in der Stadt und am Stadion dafür sorgen, dass die Lage nicht eskaliert. „Die Problemfanlager lassen in diesem Spiel ihre Feindschaft aufleben. Wir werden versuchen, das zu verhindern“, sagt Bernd Waitzmann, Einsatzleiter der Polizei Augsburg.
Dass die Begegnung eine Herausforderung darstellt, dessen ist sich Stefan Reuter, der Geschäftsführer Sport des FCA, bewusst. Am Donnerstag appelliert er nochmals an die Vernunft aller. „Wir hoffen natürlich, dass alles friedlich abläuft“, betont er. Davon ausgehen kann der 50-Jährige nicht. In den vergangenen Tagen haben die Provokationen zugenommen.
In einem Flugblatt schrieb die FCA-Ultra-Gruppierung „Legio Augusta“von der „blauen Brut“und verkündete: „Die Marschrichtung ist klar: Entschlossen und energisch im Stadion und darüber hinaus.“Zudem hängte sie in der Stadt Plakate mit klaren Botschaften auf: „Hier kassiert ihr!“oder „Stadtgrenzen sichern: Münchner verjagen!“Münchens Ultras kündigten hingegen eine „Löweninvasion in Augsburg“an. Außerdem dürften sie für die verunstaltete Anzeigetafel im Augsburger Rosenaustadion verantwortlich sein. Davon geht jedenfalls die Polizei aus. Sie ermittelt wegen Sachbeschädigung, nachdem in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch Unbekannte die Tafel in schwarzer und blauer Schrift mit „TSV“beschmiert haben.
Im Wortsinn mobil machen die Ultragruppierungen am Spieltag. Mittags treffen sich die Löwenfans, ganz in Schwarz gekleidet, am Königsplatz in Augsburg und werden sich im Pulk auf den Weg ins Stadion machen. Die Augsburger Anhänger wiederum kommen am Unikum Augsburg zusammen, nahe der Haltestelle Universität. In beiden Fällen handle es sich um keinen angemeldeten Fanmarsch, so die Polizei.
Sportlich ist die Begegnung weitaus weniger brisant. Der Münchner Traditionsverein hat den Niedergang ins Amateurlager verkraftet, führt die Tabelle mit großem Vorsprung an und kann Herbstmeister werden. Nicht ausgestanden ist allerdings der Konflikt mit dem ungeliebten Hasan Ismaik. Der jordanische Investor will seine Anteile nicht verkaufen – so sehr sich das die 1860-Vereinsmitglieder wünschen.