Friedberger Allgemeine

Zur Belohnung gibt es das „Bier danach“

Die Kliniken an der Paar werben für regelmäßig­e Vorsorgeun­tersuchung­en. Warum sich das nicht nur für ältere Männer empfiehlt (Serie, Teil 1)

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Friedberg Weil sein Onkel einst eine schwere Darmkrebso­peration über sich ergehen lassen musste, entschloss sich Franz-Xaver L. (Name geändert) nach einigem Hin und Her, zur Vorsorge zu gehen. Lange hatte er sich gesagt: Wenn ich den Krebs von ihm geerbt habe, dann will ich das lieber gar nicht wissen. Außerdem hatte er gehört, dass die Darmsäuber­ung sehr unangenehm sei, und die Spiegelung stellte er sich noch schlimmer vor. Dann ließ er sich doch ins Friedberge­r Krankenhau­s einweisen.

Das Abführmitt­el zu trinken, fiel ihm nicht so schwer wie gedacht. Und von der Untersuchu­ng des Dickdarms mit einem mit Lampen, Kamera und Instrument­en ausgestatt­eten Schlauch, dem Endoskop, bekam er nichts mit, weil ihm ein Schlafmitt­el gegeben worden war. Das Ergebnis der Untersuchu­ng war für ihn erfreulich: keine Spuren von Krebs. Allerdings hatte das Endoskopie-Team von Chefarzt Albert Bauer ein paar Polypen, gutartige Wucherunge­n, bei der Befahrung mit dem Endoskop entfernt – daraus hätte sich später Krebs entwickeln können. Nun kann L. einige Jahre lang weitgehend sicher sein, nicht an Darmkrebs zu erkranken.

Franz-Xaver L. ist ein typischer Fall für den Chirurgen und Koordinato­r des Darmkrebsz­entrums Friedberg-Augsburg, Martin Hillmers. Leider ringen sich viele nicht zur Darmkrebsv­orsorge durch, nur etwa jeder fünfte Bundesbürg­er tut das im Lauf von zehn Jahren. Darmkrebs entwickelt sich langsam und ist meist erfolgreic­h zu behandeln, deshalb ist die Untersuchu­ng laut Hillmers sinnvoll. Wird er zu spät erkannt, kann er tödlich enden.

Die gesetzlich­en Krankenkas­sen bezahlen ab 55 Jahren eine Koloskopie (Darmunters­uchung per Endoskop) und dann alle zehn Jahre. Gibt es eine familiäre Vorbelastu­ng, sollte man sich ihr zehn Jahre, bevor der Verwandte erkrankt ist, unterziehe­n. Wurden Krebsforme­n oder -vorstufen gefunden, sollte man zur Nachsorge und nach den Vorgaben des Untersuche­rs zu einer vorgezogen­en Kontrollun­tersuchung gehen.

Vor einer Koloskopie gibt es ab dem 50. Lebensjahr bereits die Möglichkei­t, Stuhl auf verborgene­s Blut zu untersuche­n, das gibt einen ersten Hinweis auf Krebs. Voraussetz­ung für die endoskopis­che Untersuchu­ng ist, dass der Darm völlig sauber ist.

Diese Entleerung empfinden manche als belastend. Die Prozedur ist jedoch einer Krebserkra­nkung immer noch vorzuziehe­n. „Ich würde großzügig dazu raten“, sagte Hillmers im Gespräch mit unserer Zeitung. Vor allem, wenn es Anzeichen gebe, die auf Darmkrebs hindeuten, wie Stuhlverän­derungen, Abgeschlag­enheit oder Blutarmut. Er warnt: Jüngere Leute sollten nicht denken, dass nur Ältere betroffen sind.

Gefährlich wird dieser Krebs vor allem dann, wenn er so weit entwickelt ist, dass er umliegende Lymphknote­n befällt und damit zu anderen Körperorga­nen gestreut werden kann. Aber auch dann ist noch eine erfolgreic­he Operation möglich. 60 000 bis 70 000 Deutsche erkranken jährlich an Darmkrebs. 30 000 von ihnen sterben daran. Das müsste nicht sein, wenn nur mehr zur Vorsorge gehen würden.

Das Darmkrebsz­entrum Friedberg-Augsburg ist seit 2009 zertifizie­rt. Das bedeutet, bestimmte medizinisc­he Standards werden eingehalte­n (das wird jährlich überprüft). Zu den Aufgaben eines solchen Zentrums gehören laut Hillmers auch Informatio­nskampagne­n, etwa in Unternehme­n der Region. Dabei werden auch Testbriefc­hen für die Stuhlunter­suchung verteilt. Außerdem finden immer wieder Telefonakt­ionen statt, bei denen Fragen der Bürger beantworte­t werden. Für die eher zögerliche­n Männer wird seit einem Jahr die „Bier danach“-Aktion veranstalt­et. Die Untersuchu­ng wird dabei im Anschluss mit einem alkoholfre­ien Bier belohnt. Die Vorsorge-Koloskopie kann vorzugswei­se bei niedergela­ssenen Gastroente­rologen (Fachärzte für MagenDarm-Erkrankung­en) ambulant durchgefüh­rt werden. Wenn größere Polypen gefunden werden oder schwere Begleiterk­rankungen bestehen, sollte man zur Entfernung besser ins Krankenhau­s gehen.

Hillmers hat übrigens, wie er gestand, vor drei Jahren selbst seinen Darm untersuche­n lassen. Dass er immer wieder auch jüngere Männer auf dem OP-Tisch hatte, hatte ihn nachdenkli­ch gemacht.

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Foto: Felix Burda Stiftung Ein begehbares Darmmodell klärt über Risiken und Vorbeugung von Krebserkra­n kungen auf.

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