So gelingt gutes Bauen
In Mering steht ein Einfamilienhaus, das zeigt, was anspruchsvolle Architektur ausmacht. Die Formensprache ist schnörkellos und kompromisslos, ein Hingucker
Der Kubus ist eines der architektonischen Grundelemente, mit denen landauf und landab Neubauten errichtet werden. Oft werden sie dabei ineinandergesteckt. Die Fassaden werden dazu von großflächigen Terrassen gerahmt. Sehr oft ähneln sich diese Gebäude so stark, dass man sie kaum unterscheiden kann. Auf den ersten Blick (aber nur auf den ersten) reiht sich dieser Neubau im Südwesten von Mering da ein. Wieder ein Kubus – aber was für einer! An diesem Einfamilienhaus lässt sich wunderbar zeigen, wie ein Haus einen eigenen Charakter, ein eigenes Gesicht und eine in sich schlüssige und konsequente Formensprache bekommt.
Dieses Haus, das die Familie Diecke mit dem Augsburger Büro Eberle Architekten geplant und gebaut hat, steht in einem Wohngebiet, das in den 1980er Jahren entstanden ist. Rein architektonisch sind die übrigen Gebäude nicht besonders hässlich und nicht besonders hübsch – Bauträgerarchitektur. Dazwischen sticht der Neubau im Straßenverlauf regelrecht heraus. Das Haus wirkt wie ein Turm, wie ein schnörkelloses Ausrufezeichen.
Umgeben wird das Grundstück von einer Betonmauer, die maximale Trennung von außen und innen. Nur so gelingt es, das Grundstück direkt an einer Straßenkreuzung vom Verkehr zu trennen und einen privaten Raum zu schaffen. Architekt Werner Eberle erklärt, dass andernfalls der Verkehr über die abwärts führende Straße immer direkt auf das große Küchenfenster zugefahren wäre. Genau an der Straßenkreuzung, aber hinter der Mauer und auf dem Grundstück des Hauses steht ein Stuhl, an einer Stelle also, die ohne die Mauer die unwirtlichste im großen Grundstück wäre. Das Konzept der Mauer ging also auf.
Die Grundidee des Baus war, möglichst viel von dem Grundstück als Fläche zu erhalten. Dadurch sind Architekt und Bauherr auf einer überschaubaren, quadratischen Flä- che in die Höhe gegangen. Konsequent ist an dem Haus, dass sich das Quadrat als gestaltendes Prinzip mit den Fenstern fortsetzt. Nur die beiden großen Fronten in den Garten hinaus fallen aus dem Rahmen. Markant auch, wie im Erdgeschoss die Fenster zur Straße hinter einem gemauerten Gitter verschwinden. Außerdem fasziniert die Oberfläche, weil der Putz nicht glatt, sondern mit einem Kamm aufgetragen wurde. Eberle erzählt, dass dafür auch Überredung bei den ausführenden Handwerkern nötig war und der Kamm, mit dem der Putz seine vertikalen Rillen bekommen hat, extra angefertigt wurde. Bei längerem Betrachten fällt auf, dass es keine Fenstersimse gibt, die nach außen kragen. Stattdessen sind dafür eigens Betonelemente angefertigt worden, die bündig mit der Außenseite abschließen.
Innen setzt sich diese Geradlinigkeit fort. Die Türen reichen über die komplette Geschossfläche, den Abschluss nach oben und unten bilden Decke und Boden. Die Treppe im Haus ist eine klassische Treppenleiter aus Beton, der nicht weiter bearbeitet wurde. Das Material steht für sich. Die Böden – im Erdgeschoss ein geschliffener Estrich, dem hineingemischte Steine eine feine Maserung geben, in den anderen Stockwerken ein grauer Teppich, diese Böden passen zum Farbkonzept.
In dem Häuser-des-Jahres-Wettbewerb des Deutschen Architekturmuseums und des Callwey Verlags bekam der Bau unter 170 Einsendungen eine Anerkennung und gehörte zu den zehn prämierten Bauten. Das Geheimnis für den Erfolg ist die Bereitschaft von Bauherr und Architekt, sich aufeinander einzulassen. Raphael Diecke sagt, dass dieses Haus genau das sei, das sie immer gewollt haben, nur haben sie es sich vor den Gesprächen mit dem Architekten immer anders vorgestellt. Der Architekt Werner Eberle sagt über seine Bauherren: „Sie sind nicht nur mitgegangen, sondern sie haben uns auch gefordert.“In diesem gegenseitigen Ansporn, die Idee des Hauses immer klarer herauszuarbeiten, seien all die schnörkellosen Lösungen letztlich gefunden worden. Ein Hingucker!