Renzis Abstieg
Der Ex-Premier plante nur eine Pause im Amt. Aber jetzt läuft alles gegen ihn
Rom Es ist noch nicht sehr lange her, da hielt Matteo Renzi Italien in Atem. Der frühere Bürgermeister von Florenz war angetreten, um im Eilschritt die alten politischen Kader in den Ruhestand zu schicken, „verschrotten“, nannte dies der respektlose Jungpolitiker.
Bis vor einem Jahr waren ihm als Ministerpräsident die Aufräumarbeiten mehr oder weniger gut gelungen. Gegen den Widerstand der alten Eliten setzte die Regierung Renzi eine Arbeitsmarkt- und Strukturreformen durch, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften wurden legalisiert. Nach dem gescheiterten Referendum über die Änderung der Verfassung im Dezember 2016 trat Renzi aus freien Stücken zurück, ließ sich aber als Parteichef der Demokratischen Partei (PD) bestätigen.
Inzwischen sieht es so aus, als hätten sich die Säuberungskräfte gegen ihn selbst gewendet. Seit geraumer Zeit reiht Renzi ein politisches Missgeschick an das nächste. Voraussichtlich im März wird in Italien ein neues Parlament gewählt. Renzi hatte anders gewettet. Nach dem gescheiterten und aus falschem Machtkalkül angesetzten Referendum war es sein Ziel, so schnell wie möglich wieder an die Macht zu gelangen. Nachfolger Paolo Gentiloni galt als Platzhalter bis zu seiner Rückkehr. Es kam anders. Gentiloni ist noch im Amt und einer der beliebtesten Politiker im Land, im Stil der krasse Gegensatz zu Renzi. Der Ministerpräsident ist zurückhaltend, gilt als verlässlicher und gewissenhafter Arbeiter. Es gibt Beobachter, die sehen im stillen Gentiloni und seiner Akribie die eigentliche Bedrohung für die weitere Karriere des geltungsbedürftigen Renzi. Der Ex-Premier steht vor den Wahlen geschwächt da. Dazu trägt auch das neue Wahlrecht bei, das auf parteiübergreifende Bündnisse zugeschnitten ist. Alle Versuche Renzis, ein Wahlbündnis zu schmieden, scheiterten, sodass der Sieg der Konkurrenz bereits festzustehen scheint. Renzis linke Kritiker treten mit einer neuen, eigenen Partei („Frei und gleich“) an.
Dass es für den Ex-Premier bei den Wahlen auf ein Desaster hinausläuft, ist aber nicht gesagt. Renzi kann immer noch zahlreiche Wähler aus der Mitte für sich gewinnen. In jüngsten Erhebungen liegt die PD bei 25 Prozent, etwas weniger als die Grillo-Bewegung (28 Prozent) und die Mitte-Rechts-Koalition um Silvio Berlusconi und Matteo Salvini von der Lega Nord (32).