Wie Sex Praktiken zum Tod einer Frau führten
Im Februar verblutete eine 46-Jährige. Im Prozess wurden nun die Plädoyers gehalten
Im Prozess um den Tod einer 46-jährigen Frau, die im Februar durch Sex-Praktiken derart schwere Verletzungen erlitt, dass sie daran verblutete, deutet alles auf ein vergleichsweise mildes Urteil gegen den Angeklagten hin. Rainer M.*, ein 57-jähriger Mann, der zuletzt in einem kleinen Ein-Zimmer-Appartement in der Jakobvorstadt gelebt hatte, war ursprünglich wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung mit Todesfolge angeklagt worden. Davon rückte die Staatsanwaltschaft am gestrigen Verhandlungstag ab.
Staatsanwalt Michael Nißl plädierte vor der Schwurgerichtskammer des Augsburger Landgerichtes auf eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten – wegen fahrlässiger Tötung. Zudem sei die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt notwendig. Der ursprüngliche Anklagevorwurf, sagte Nißl, lasse sich nicht aufrecht erhalten. Es stehe zwar fest, dass der Angeklagte die Verletzungen der Frau, an denen sie letztlich starb, verursacht habe. Doch auch wenn es Indizien gebe, die gegen eine Einvernehmlichkeit der Sex-Praktiken sprechen, ergebe sich daraus kein gesichertes Bild. Der Staatsanwalt hält den Angeklagten zudem für nur eingeschränkt schuldfähig.
Ähnlich sahen es Marion Zech, Anwältin eines Sohnes der verstorbenen Frau, der im Prozess als Nebenkläger auftritt, und Marco Müller, Verteidiger des Angeklagten. Zech schloss sich den Forderungen der Staatsanwaltschaft an, Müller plädierte auf ein Jahr wegen fahrlässiger Tötung. Rainer M.*, der Angeklagte, hatte am ersten Verhandlungstag eine Verantwortung für den Tod der Frau eingestanden, zugleich aber dementiert, sie vergewaltigt zu haben. Die „Spielchen“seien einvernehmlich gewesen.
Ein medizinischer Sachverständiger hatte zuletzt dargelegt, dass das Verbluten der 46-Jährigen im Februar wohl länger als fünf Stunden gedauert haben muss. Hervorgerufen hatte die tödliche Verletzung im Intimbereich der Frau wohl ein ausladender Ring an der Hand des Angeklagten. Beide, Angeklagter und Opfer, waren schwer alkoholkrank und in der Tatnacht alkoholisiert. Man müsse davon ausgehen, sagte der Sachverständige, dass Rainer M.* vor der Tat seit Tagen oder Wochen nie unter 0,5 Promille Alkohol im Blut gehabt habe. Am jüngsten Verhandlungstag erstattete der psychiatrische Sachverständige Richard Gruber sein Gutachten über den Angeklagten. Dieser war 2004 erstmals ins Bezirksrankenhaus eingeliefert und monatelang stationär behandelt worden; Ärzte diagnostizierten bei ihm eine schizophrene Psychose. Im Laufe der Jahre kam er immer wieder in die Psychiatrie. Die Erkrankung, sagte Gruber, wirke bei dem Angeklagten bis heute nach, mit Folgen auf alle Lebensbereiche. Zur Tatzeit sei die Steuerungsfähigkeit des Mannes erheblich gemindert gewesen. „Aus psychiatrischer Sicht wäre ihm zu wünschen, dass er in eine stationäre Behandlung kommt.“
Der Angeklagte sagte zum Schluss, er trage eine große Mitschuld. Am Freitag will die Kammer ein Urteil fällen.