Die zwei Leben der Constantia
Konstantin, den Historiker den Großen nennen, war der römische Kaiser, der das Christentum in seinem Weltreich zur offiziell anerkannten Religion machte. Aber wie fromm er selber wurde, ist umstritten. Ganz anders seine vor rund 1700 Jahren geborene Tochter Constantia. Sie nahm sich das Christentum so sehr zu Herzen, dass sie bis heute als Heilige verehrt wird.
Oder war sie eine machtsüchtige Megäre, wie der römische Historiker Ammian sie beschrieb? Sein Urteil erscheint übertrieben, aber Constantia hatte durchaus ihre weltliche Seite. Als Kaisertochter und später als Ehefrau zweier Caesaren (Hannibalianus und Gallus) war sie eine Frau, die alles hatte. Obendrein hat ihr Vater ihr den Kaiserinnentitel Augusta verliehen. Und als „Erhabene“zögerte sie nie, ihre Stellung und ihren Einfluss politisch geltend zu machen. Weshalb der konservative Ammian sie als Megäre verurteilte.
Aber das ist nur die halbe Geschichte. Die andere ist die der heiligen Constantia. Die beginnt mit einer hässlichen Krankheit, die die junge Frau mit Pusteln entstellte. In ihrer Verzweiflung wandte sich Constantia, obwohl noch der altrömischen Götter-Großfamilie zugetan, an eine
Ikone der neuen Religion. Am Grab der heiligen Agnes bat sie, von dem unheilbaren Aussatz befreit zu werden. Nach dem Gebet fiel sie erschöpft in einen tiefen Schlummer. Die Heilige erschien ihr im Traum, forderte von der Kranken, an den Christengott zu glauben, und stellte ihr im Gegenzug Heilung in Aussicht. Geträumt, getan: Constantia glaubte und wurde geheilt. Die Einzelheiten dieses wunderbaren Geschehens sind historisch nicht verbürgt. Aber die prächtige Kirche Santa Constanza, in der ihr Sarg steht, ist in Rom ein steinernes Zeugnis des frommen Teils ihres Lebens.
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