Kommt ein zweites Graben?
Naturschützer fürchten, dass die geplante Osttangente auch einer Industrialisierung des Lechfeldes dienen soll. Laut der IHK ist die Umgehungsstraße nur eine Reaktion auf die bestehende Situation. Was die Bürgermeister vor Ort sagen
Wenn nach Mering die Firma Honold kommt, fürchten viele, dass ein zweites Industriegebiet wie in Graben entstehen könnte.
Mering/Kissing Die geplante Osttangente stößt bei Naturschützern in der Region auf massiven Widerstand. Sie befürchten, dass große Flächen für den Straßenausbau zugepflastert werden. Aber auch von einer Industrialisierung des Lechfelds ist immer wieder die Rede. Die Umgehungsstraße könnte in ihrer endgültigen Form von der Autobahn bei Derching bis zur B17 bei Oberottmarshausen führen. Gegner glauben, dass sie dazu dienen soll, langfristig links und rechts neben der Strecke im großen Stil Gewerbe anzusiedeln.
Auch Wolfhard von Thienen, Sprecher des Aktionsbündnisses Keine Osttangente, gehört dazu. Laut ihm betonen die Befürworter aus der Politik und von der Industrieund Handelskammer stets, dass es neben der Verkehrsentlastung auch um die wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises und der Gewerbegebiete gehe. „Das wird immer wieder geäußert“, sagt von Thienen.
Als Beweis sehen die Gegner die Ansiedlung der Firma Honold in Mering. Sie glauben, dass das Logistikunternehmen den Standort wegen der geplanten Osttangente gewählt hat. Viele Umweltschützer in der Region schauen mit Schrecken auf die andere Seite des Lechs und fürchten, dass sich die Marktgemeinde zu einem zweiten Graben entwickeln könnte. Dort im Landkreis Augsburg haben sich zahlreiche Firmen wie Aldi, Amazon, DHL und Lidl angesiedelt.
In Mering möchte Honold drei zusammenhängende Hallen mit einer Gesamtlänge von gut 235 Metern, einer Breite von etwa 151 Metern und einer Höhe von rund 15 Metern errichten. Das geplante Gewerbegebiet umfasst 90 000 Quadratmeter. Zum Vergleich: Der Amazon-Standort in Graben erstreckt sich über eine Fläche von 100 000 Quadratmetern. Das Gebäude ist 216 Meter lang, 432 Meter breit und hat eine Höhe von etwa zwölf Metern. Vor ein paar Jahren ist in Kleinaitingen das Logistikzentrum für BMW gebaut worden. Es erstreckt sich über eine Fläche von 70000 Quadratmetern, ist rund elf Meter hoch, circa 470 Meter lang und 180 Meter tief.
Im Hinblick auf eine geplante Industrialisierung neben der Umgehungsstraße winkt Peter Lintner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, aber ab. „Die Osttangente ist eine Reaktion auf bestehende Verhältnisse, nicht eine Perspektive auf irgendwas“, sagt er. Sie schaffe eine neue Verknüpfung der B 17 südlich Augs- burgs und damit der dortigen großen Logistikzentren mit der Autobahn A8 sowie der B300 Richtung Ingolstadt. Die B17 sei nicht mehr in der Lage, die Verkehrsmengen aufzunehmen. Zudem gebe es entlang der geplanten Trasse von Derching bis Königsbrunn bereits eine Reihe von Transportunternehmen, die von der Osttangente profitieren würden. Schwaben sei Schwerpunkt in der Produktion. Um diesen Wirtschaftsraum zu erhalten und fördern, müsse auch das Verkehrsnetz entsprechend ausgebaut werden. „Mering in ein zweites Graben zu verwandeln, steht bei uns in keinster Weise auf der Agenda“, sagt Lintner. Gewerbegebiete auszuweisen, liege in der Hand der Kommunen.
In der Gemeinde Kissing setzt sich Bürgermeister Manfred Wolf schon lange für die Ortsumgehung, eine „B 2 neu“wie er sagt, ein. Neben der Straße Gewerbegebiete anzusiedeln, verfolgt er aber nicht. „Wir haben da eigentlich gar keinen Raum.“Gerne würde er innerorts für das ehemalige O&K-Gelände Investoren gewinnen. Das gestaltet sich aber schwierig. Laut Wolf ist es für Unternehmen aufgrund der strengen Auflagen leichter, außerhalb des Ortes „auf der freien Wiese“zu bauen.
Im Hinblick auf die Honold-Ansiedlung in Mering erklärt Bürgermeister Hans-Dieter Kandler, dass das Gewerbegebiet bereits seit 20 Jahren im Flächennutzungsplan dargestellt sei. „Da war von einer B2 neu noch gar nicht die Rede.“Honold habe zwar einen Vorteil, wenn die Osttangente verwirklicht werde, das Unternehmen habe sich aber nicht wegen der Umgehung für Mering entschieden. „Honold kommt zu uns, auch wenn die B2 neu nicht kommt.“
Kandler sagt, dass ein kürzerer Weg zur Autobahn durchaus interessant für Firmen sei, die in Mering einen Standort eröffnen wollen. Im Hinblick auf weitere mögliche Ansiedlungen im Lechfeld verweist Kandler aber auch auf den Flächennutzungsplan. In dem sei westlich des neuen Gewerbegebiets kein weiterer Raum für Unternehmen vorgesehen. Der Flächennutzungsplan müsste dafür erst überarbeitet werden und das sei ein langwieriger Prozess. „Es gab dazu auch überhaupt keine Diskussionen im Marktgemeinderat“, betont Kandler.