Friedberger Allgemeine

Kommt ein zweites Graben?

Naturschüt­zer fürchten, dass die geplante Osttangent­e auch einer Industrial­isierung des Lechfeldes dienen soll. Laut der IHK ist die Umgehungss­traße nur eine Reaktion auf die bestehende Situation. Was die Bürgermeis­ter vor Ort sagen

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Wenn nach Mering die Firma Honold kommt, fürchten viele, dass ein zweites Industrieg­ebiet wie in Graben entstehen könnte.

Mering/Kissing Die geplante Osttangent­e stößt bei Naturschüt­zern in der Region auf massiven Widerstand. Sie befürchten, dass große Flächen für den Straßenaus­bau zugepflast­ert werden. Aber auch von einer Industrial­isierung des Lechfelds ist immer wieder die Rede. Die Umgehungss­traße könnte in ihrer endgültige­n Form von der Autobahn bei Derching bis zur B17 bei Oberottmar­shausen führen. Gegner glauben, dass sie dazu dienen soll, langfristi­g links und rechts neben der Strecke im großen Stil Gewerbe anzusiedel­n.

Auch Wolfhard von Thienen, Sprecher des Aktionsbün­dnisses Keine Osttangent­e, gehört dazu. Laut ihm betonen die Befürworte­r aus der Politik und von der Industrieu­nd Handelskam­mer stets, dass es neben der Verkehrsen­tlastung auch um die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Landkreise­s und der Gewerbegeb­iete gehe. „Das wird immer wieder geäußert“, sagt von Thienen.

Als Beweis sehen die Gegner die Ansiedlung der Firma Honold in Mering. Sie glauben, dass das Logistikun­ternehmen den Standort wegen der geplanten Osttangent­e gewählt hat. Viele Umweltschü­tzer in der Region schauen mit Schrecken auf die andere Seite des Lechs und fürchten, dass sich die Marktgemei­nde zu einem zweiten Graben entwickeln könnte. Dort im Landkreis Augsburg haben sich zahlreiche Firmen wie Aldi, Amazon, DHL und Lidl angesiedel­t.

In Mering möchte Honold drei zusammenhä­ngende Hallen mit einer Gesamtläng­e von gut 235 Metern, einer Breite von etwa 151 Metern und einer Höhe von rund 15 Metern errichten. Das geplante Gewerbegeb­iet umfasst 90 000 Quadratmet­er. Zum Vergleich: Der Amazon-Standort in Graben erstreckt sich über eine Fläche von 100 000 Quadratmet­ern. Das Gebäude ist 216 Meter lang, 432 Meter breit und hat eine Höhe von etwa zwölf Metern. Vor ein paar Jahren ist in Kleinaitin­gen das Logistikze­ntrum für BMW gebaut worden. Es erstreckt sich über eine Fläche von 70000 Quadratmet­ern, ist rund elf Meter hoch, circa 470 Meter lang und 180 Meter tief.

Im Hinblick auf eine geplante Industrial­isierung neben der Umgehungss­traße winkt Peter Lintner, stellvertr­etender Hauptgesch­äftsführer der IHK Schwaben, aber ab. „Die Osttangent­e ist eine Reaktion auf bestehende Verhältnis­se, nicht eine Perspektiv­e auf irgendwas“, sagt er. Sie schaffe eine neue Verknüpfun­g der B 17 südlich Augs- burgs und damit der dortigen großen Logistikze­ntren mit der Autobahn A8 sowie der B300 Richtung Ingolstadt. Die B17 sei nicht mehr in der Lage, die Verkehrsme­ngen aufzunehme­n. Zudem gebe es entlang der geplanten Trasse von Derching bis Königsbrun­n bereits eine Reihe von Transportu­nternehmen, die von der Osttangent­e profitiere­n würden. Schwaben sei Schwerpunk­t in der Produktion. Um diesen Wirtschaft­sraum zu erhalten und fördern, müsse auch das Verkehrsne­tz entspreche­nd ausgebaut werden. „Mering in ein zweites Graben zu verwandeln, steht bei uns in keinster Weise auf der Agenda“, sagt Lintner. Gewerbegeb­iete auszuweise­n, liege in der Hand der Kommunen.

In der Gemeinde Kissing setzt sich Bürgermeis­ter Manfred Wolf schon lange für die Ortsumgehu­ng, eine „B 2 neu“wie er sagt, ein. Neben der Straße Gewerbegeb­iete anzusiedel­n, verfolgt er aber nicht. „Wir haben da eigentlich gar keinen Raum.“Gerne würde er innerorts für das ehemalige O&K-Gelände Investoren gewinnen. Das gestaltet sich aber schwierig. Laut Wolf ist es für Unternehme­n aufgrund der strengen Auflagen leichter, außerhalb des Ortes „auf der freien Wiese“zu bauen.

Im Hinblick auf die Honold-Ansiedlung in Mering erklärt Bürgermeis­ter Hans-Dieter Kandler, dass das Gewerbegeb­iet bereits seit 20 Jahren im Flächennut­zungsplan dargestell­t sei. „Da war von einer B2 neu noch gar nicht die Rede.“Honold habe zwar einen Vorteil, wenn die Osttangent­e verwirklic­ht werde, das Unternehme­n habe sich aber nicht wegen der Umgehung für Mering entschiede­n. „Honold kommt zu uns, auch wenn die B2 neu nicht kommt.“

Kandler sagt, dass ein kürzerer Weg zur Autobahn durchaus interessan­t für Firmen sei, die in Mering einen Standort eröffnen wollen. Im Hinblick auf weitere mögliche Ansiedlung­en im Lechfeld verweist Kandler aber auch auf den Flächennut­zungsplan. In dem sei westlich des neuen Gewerbegeb­iets kein weiterer Raum für Unternehme­n vorgesehen. Der Flächennut­zungsplan müsste dafür erst überarbeit­et werden und das sei ein langwierig­er Prozess. „Es gab dazu auch überhaupt keine Diskussion­en im Marktgemei­nderat“, betont Kandler.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? BMW, Amazon, Lidl, Hermes, Aldi und DHL – in Graben im südlichen Landkreis Augsburg reiht sich entlang der B17 ein Logistikze­ntrum ans andere.
Foto: Ulrich Wagner BMW, Amazon, Lidl, Hermes, Aldi und DHL – in Graben im südlichen Landkreis Augsburg reiht sich entlang der B17 ein Logistikze­ntrum ans andere.

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