Einbrecher stoßen auf taube Seniorin
Eine rumänische Bande trieb 2016 ihr Unwesen in der ganzen Region. Jetzt steht der Türschloss-Spezialist in Augsburg vor Gericht, mehrere seiner Komplizen sind schon verurteilt
Eine rumänische Bande trieb 2016 ihr Unwesen in der ganzen Region. Einige Täter wurden bereits verurteilt, jetzt steht der TürschlossSpezialist in Augsburg vor dem Landgericht. Der will reinen Tisch machen und packt zahlreiche Details aus.
Augsburg/Königsbrunn Wenn Einbrecher an Wohnungstüren klingeln und sich niemand rührt, gehen sie davon aus, ungestört arbeiten zu können. Ab und zu erleben aber auch professionelle Diebe unliebsame Überraschungen. Wie ein Prozess belegt, der jetzt vor der 3. Strafkammer beim Landgericht unter Vorsitz von Roland Christiani begann. Angeklagt ist ein Rumäne, 29, der mit drei weiteren Landsleuten zwischen April und September 2016 über 20 Wohnungen im Stadtgebiet und in Königsbrunn ausgeräumt haben soll. Drei der Täter sind bereits verurteilt worden (wir berichteten). Der nun angeklagte Rumäne Marian P. (Verteidiger: Andreas Thomalla) war erst im Sommer 2017 in Spanien aufgrund internationalen Haftbe- fehls festgenommen und dann ausgeliefert worden. Er war der Spezialist, der innerhalb kürzester Zeit die Schlösser der Türen abdrehte.
Die Bande hatte es vor allem auf Schmuck, Uhren, Münzen und Bargeld (Wert der Beute insgesamt fast 75 000 Euro) abgesehen. Die Preziosen versilberten sie in Leihhäusern in München.
Staatsanwältin Marlies Dorn wirft dem Rumänen noch 20 Einbrüche vor, sechs weitere Taten sind schon eingestellt worden. Marian P., der im April 2016 aus Finnland anreiste und bei dem Landsmann und Mittäter T. Unterschlupf fand, will reinen Tisch machen. Eine Dolmetscherin übersetzt. Weil er mit den Straßennamen nichts anfangen kann, identifiziert er die meisten Tatorte anhand von Fotos. Er erinnert sich dann auch an teils skurrile, teils durchaus Vorkommnisse. Nicht immer waren die Objekte verwaist. Bei einem Coup in Königsbrunn sah sich Marian P. plötzlich einem Hund gegenüber. Der war allerdings so klein und zahm, dass der Rumäne in aller Ruhe einen kleinen Tresor mit 3650 Euro Bargeld, eine Kamera, Schmuck und ein Sparbuch (Gesamtwert 7000 Euro) zusammenraffen und ungestört wieder gehen konnte. Bei einem Einbruch im Herrenbach tauchte plötzlich die Wohnungsinhaberin auf. P. steckte schnell einige Uhren ein und gab Fersengeld. Dabei verlor er sein Handy. Pech hatte der Rumäne auch, als er in einer Wohnung im Schwabencenter verdächtige Geräusche hörte. Schnell steckte er eine herumliegende Geldbörse mit 420 Euro ein und flüchtete.
Im Univiertel hatten die Einbrecher eine Begegnung der besonderen Art: Obwohl sie vorher geklingelt hatten und sich allein wähnten, bemerkten sie im Wohnzimmer eine alte Frau, die vor dem Fernseher saß. Wie sich später herausstellte, war die Seniorin völlig taub, hatte die Diebe überhaupt nicht bemerkt. Vorsichtshalber flüchteten die Einbrecher ohne Beute.
Tippgeber für angeblich ertragsreiche Objekte war der bereits im Juli 2017 von der Dritte Strafkammer verurteilte Rumäne T. Er gab mehrere Empfehlungen für Wohnungen im Univiertel. Der Grund: Er glaubte, dort würden vor allem vermögende Russlanddeutsche legefährliche ben. Eine Annahme, die sich zumindest in einem Fall bestätigte. Marian P. erbeutete dort den handgefertigten und unersetzlichen Familienschmuck von Spätaussiedlern im Wert von 32 000 Euro.
Nicht immer erwiesen sich die Tipps von T. als Volltreffer. In der eher von wenig begüterten Menschen bewohnten Eschenhofstraße betrug die Beute gerade mal 50 Euro, in der Äußeren Uferstraße musste man sich mit billigem Schmuck im Wert von 100 Euro zufrieden geben. Einen willkommenen Nebenfund machte Marian P. in einer Wohnung am westlichen Stadtrand: In einem Seifenspender entdeckte er Marihuana, das er mit seinen Komplizen wenig später auch gleich rauchte. Der Prozess ist auf elf Sitzungstage bis in den März hinein terminiert.
Der Hund schaut beim Ausräumen des Tresors zu