Plädoyer für das Kurzstreckenticket
Warum bei allem verständlichen Ärger über die Tarifreform dieses neue Angebot richtig ist. Es bedarf allerdings einer schnellen Korrektur, um es noch besser zu machen. Eine persönliche Betrachtung
Bis zu fünf Haltestellen kostet das Ticket 1,45 Euro.
Sauerei, heißt es deshalb immer wieder. Die Kritik ist sicherlich zutreffend, doch es gibt auch gute Gründe, ein solches Kurzstreckenticket eingeführt zu haben. Das sage ich, der als typischer Gelegenheitsfahrer zu bezeichnen ist. Als jemand, der sich nicht mit einem Abo binden möchte und der die Tram nutzt, wenn es regnet oder wenn er zu faul ist, zu laufen. Und als jemand, der immer schon als Gelegenheitsfahrer Probleme hatte, das komplexe Tarifzonensystem im Stadtgebiet zu verstehen. Denn hier gibt es die Zonen 10 und 20. Vereinfacht gesagt, betrifft die Zone 10 den innerstädtischen Raum. Weiter weg davon liegt die Zone 20.
Vor Januar 2018 galt für Gelegenheitsfahrer folgende Regelung: Wer aus der Zone 10 in die Zone 20 wollte und umgekehrt, zahlte bereits 2,90 Euro. Es gab ein spezielles Angebot für etwa fünf Haltestellen im Zonengebiet: Ein Miniticket war für den Betrag von 1,70 Euro errer. hältlich. Der Haken dabei war: Dieses günstige Angebot war vielen Fahrgästen gar nicht bekannt, deshalb zahlten sie dann oftmals den vollen Betrag von 2,90 Euro. Ein Beispiel aus der Praxis: Die Haltestelle Ulrichsbrücke ist die erste der Tramlinie 1 stadtauswärts in Lechhausen. Sie ist der Zone 10 zugeordnet. Etwa 200 Meter entfernt, nahezu in Sichtweite, ist die Haltestelle „Schlössle“. Sie gehört zur Zone 20. Wer nun vor Januar diese kurze Verbindung genutzt hat, konnte das Miniticket nutzen. Doch es gab sicherlich auch Fahrgäste, die 2,90 Euro zahlten. Es ist sicherlich ein Extrembeispiel. Im Rückblick gesehen, bleibt festzuhalten: Die Zonen 10 und 20, dazu ein Miniticket. Das war reichlich kompliziert und schwer durchschaubar.
Ein Kurzstreckenticket, wie es jetzt auf den Markt gebracht wurde, ist jedenfalls in der Abwägung erst einmal eine bessere Lösung für Gelegenheitsfahrer. Gezählt wird die Zahl der Haltestellen. Die Logik ist erkennbar: Eine kurze Strecke ist günstig, eine längere teu- Es ist eine einfachere Handhabe, die sich auch für Auswärtige schnell erschließt. Man kann sich leicht ausmalen, wie orientierungslos Nicht-Augsburg-Kenner im Dschungel des Zonen-Tarifsystems waren. Das Kurzstreckenticket in seiner jetzigen Form (1,45 Euro) ist auch günstiger als das mittlerweile eingestellte Miniticket (1,70 Euro). Sind 1,45 Euro für fünf Haltestellen nun zu viel Geld? Das muss jeder für sich beantworten. 2,90 Euro für sechs Haltestellen sind es dagegen allemal. So ist der Ärger der Fahrgäste zu verstehen. Sie haben damit zweifellos recht. Wobei Gelegenheitsfahrer günstiger fahren, wenn sie etwas vorausschauend ihre Tickets kaufen. Die kurze Fahrt kostet 1,20 Euro mit der Streifenkarte, was einem Streifen entspricht, der zu entwerten ist. Auf die längere Fahrstrecke (ab sechs Haltestellen) sind es zwei Streifen, macht somit 2,40 Euro. Die Ersparnis gegenüber einem Einzelticket beträgt immerhin 50 Cent.
Dieses Beispiel mag verdeutlichen, dass es in einem komplexen Tarifsystem auch günstigere Angebote gibt. Wenn man sich damit ein wenig beschäftigt. Es ist vor allem Sache der Stadtwerke, diese Möglichkeiten viel deutlicher zu kommunizieren. Denn die Tarifreform beinhaltet sehr wohl kundenfreundliche Angebote.
Das Kurzstreckenticket in der jetzigen Form ist es aber (noch) nicht. Die Stadträte haben bereits erkannt, dass Handlungsbedarf besteht. Die Stadtwerke werden sich deshalb schwertun, an der jetzigen Regelung festzuhalten. Es wird nachgebessert, davon ist auszugehen. Sollte die Zahl der Haltestellen beispielsweise auf sieben erhöht werden, kommen Fahrgäste von der Ulrichsbrücke direkt in die Innenstadt. Derzeit endet ihre Fahrt für 1,45 Euro an der Pilgerhausstraße, auf Höhe des Alten Stadtbads. Mit sieben Haltestellen kämen sie zum Moritzplatz, also direkt in die Innenstadt.
Dass an anderen Tarifangeboten ebenfalls zwingend nachgebessert werden muss, ist nötig. Ein Kurzstreckenticket mit verbessertem Angebot wäre jedoch ein Schritt für mehr Akzeptanz dieser Tarifreform. »
Das Problem der Gelegenheitsfahrer mit Zone 10 und 20