Das Wetter – und ein letzter Kaisergeburtstag
Es ist ein Januar der Extreme. Eben noch waren die Temperaturen in Deutschland so eisig, so konstant unter minus 15 Grad, dass sogar der Rhein erstarrt – der mit 21 Metern größte Wasserfall Mitteleuropas, der Rheinfall bei Schaffhausen, friert sogar zu, ein seltenes Naturschauspiel. Und als dann am 16. Januar 1918 plötzlich das Tauwetter einsetzt, folgen teils verheerende Überschwemmungen. Über Nacht steigen alle deutschen Flüsse um mehrere Meter an, viele tausend Menschen müssen ihre Häuser verlassen, in Saarbrücken entgleist ein Zug, weil der Damm von Hochwasser unterspült worden ist: 35 Soldaten ertrinken.
Daran freilich liegt es nicht, dass knapp zwei Wochen später die Glückwünsche verhaltener ausfallen, die Feiern weniger pompös als im vergangenen Jahr: zum 59. Geburtstag von Wilhelm II. Nicht wenigen schwant wohl schon, dass er den kommenden, runden schon nicht mehr auf dem Thron feiern wird, dass dies also der letzte Kaisergeburtstag in Deutschland sein könnte. Große Zapfenstreiche samt Paraden für Majestät immerhin gibt es zu diesem 27. Ja nuar noch einmal bei seinem Besuch an der Westfront – und auch am Verhandlungsort über einen Frieden mit den Russen in Brest-Litowsk. Was der Kaiser selbst sagt? In einem Dankesschreiben an Ferdinand Dryander als Repräsentant der evangelischen Kirche schreibt Wilhelm II.: „Mit tiefer Dankbarkeit gedenke ich in diesen Tagen der großen Taten Gottes am deutschen Volk, der unseren Fahnen weltgeschichtliche Erfolge geschenkt, manche Sorge gehoben und trotz Not und Entbehrung auch in der Heimat gnädig durchgeholfen hat. Ich vertraue darauf, dass unsere evangelische Kirche … mit nach siegreich beendetem Krieg helfen wird, zu versöhnen und unser Volk über alle Gegensätze hinweg in begeisterter und selbstloser Hingabe an das gemeinsame deutsche Vaterland zu einigen und zu stärken …“