Die ewige Stimmungskanone
Seine Lieder kennt man aus dem Festzelt. Mit Frohsinn auf Knopfdruck brachte es Tony Marshall zum Ehrenbürger von Bora Bora und Baden-Baden
Tony Marshall hat seine eigene Weisheit: „Senioren sind nur zu früh geboren“, heißt passenderweise sein neues Album. Macht nichts, dafür fällt das berufliche Schaffen länger aus. So wie bei der stets fröhlich wirkenden Stimmungskanone, die seit 1971 einen festen Platz im deutschen Gemütsrepertoire hat. Da ertönte zur Freude aller, die gerne bei einem Glas zum Mitsingen neigen, zum ersten Mal „Schöne Maid“. Und verschwand nimmermehr von der Unterhaltungsbühne.
Mit den ständig weit ausgebreiteten Armen – sein gestisches Repertoire ist bescheiden – fing er im Lauf der Zeit Millionen von Anhängern ein. Sein „Heute hau’n wir auf die Pauke“hört man noch heute bei Vereins-Faschingsbällen. Wobei heute zurückhaltender gefeiert wird. Seinerzeit sang Marshall: „Und wenn die ander’n dann zur Arbeit gehen, sagen wir gut’ Nacht.“Zum Wohl!
Auch Herbert Anton Bloeth, später Hilger mit Nachnamen und schließlich Tony Marshall, fühlte sich anfangs nicht wohl mit der schönen Maid. Schließlich war er ja ausgebildeter Opernsänger. Als er die Nummer im Tonstudio singen sollte, trank er sich erst mal mit Chianti Mut an. Doch seit langem hat er sich mit dem „hojahoja-ho“arrangiert. Zumal ein ähnlich gelagerter Hit nach dem anderen folgte. „Komm, gib mir deine Hand“, „…und in der Heimat“oder „Junge, die Welt ist schön“. Aus TV-Shows war er nicht wegzudenken. Da überrascht es nicht, dass er sich auch mit Roberto Blanco zusammentat
(„Resi bring Bier“).
Der gebürtige Baden-Badener, der an diesem Samstag 80 Jahre alt wird, hat gerne die klassischen Sehnsüchte bedient wie Sommer, Sonne und Urlaub. Ihn dauern die Familien, die durch einen trüben Schwarzwald stapfen müssen, wo er doch für sie gerne, um eines seiner Lieder abzuwandeln, den Sonnenschein fangen möchte. Nicht umsonst hat er von „Bora Bora“, einer Südseeinsel, musikalisch geschwärmt. Umso mehr staunte er, als er 1978 für Fotoaufnahmen auf die Südseeinsel reiste. Dort standen Einheimische und sangen seinen Schlager. Warum auch nicht? Sein Produzent Jack White hatte ein polynesisches Volkslied aufgemotzt. Längst ist Tony Marshall Ehrenbürger von Bora Bora und wird es jetzt auch in seiner Heimatstadt Baden-Baden.
Mit dem Fernsehen kann der ewige Sangesmann nicht mehr viel anfangen. Der Schlager, bedauert er, käme vor lauter Krimis, Koch- und Quizshows zu kurz. Da denkt er lieber zurück an seinen Milchmann Tevje, mit dem er im Musical „Anatevka“viele Male auf der Bühne stand. Und er schätzt sein Familienleben. Noch immer ist er mit seiner Jugendliebe Gaby verheiratet. Seine Kinder heißen Marc – Teil des Gesangsduos Marc & Alexander –, Pascal und Stella. Zusammen mit der an Epilepsie leidenden Stella engagiert sich der Sänger in der „Tony Marshall-Stiftung“für die Schaffung von behindertengerechten Wohnund Arbeitsplätzen.