Jetzt brauchen sie nicht mal mehr Jupp
Der Coach fällt gegen Schalke mit eine Grippe aus. Aber auch unter der Regie von Co-Trainer Peter Herrmann gewinnen die Münchner. Etwas überraschend verlängern sie den Vertrag mit einem neuen WM-Kandidaten
München Ein Leben ohne Jupp Heynckes konnten sich die Verantwortlichen des FC Bayern zwar vorstellen – wahrscheinlich aber erschien es ihnen bis zum vergangenen Samstagabend sinnlos. Bis dahin nämlich buhlten sie mit derartiger Inbrunst um eine Vertragsverlängerung mit dem 72-Jährigen, dass es Heynckes’ geliebter Schäferhund wohl allmählich mit der Angst zu tun bekam. Seit Samstag kann Cando wieder ruhiger schlafen. Die Münchner zeigten, dass sie nicht zwingend auf die Anweisungen seines Herrchens angewiesen sind. Der hatte sich am Morgen des Spieltags gegen Schalke 04 bei seinem CoTrainer Peter Hermann abgemeldet: grippaler Infekt.
So stellte also dann der treue Adjutant die Mannschaft auf die Partie ein. Er war nach Carlo Ancelotti, Willy Sagnol und eben Heynckes der vierte Boss in dieser Saison. Nicht mal die SPD schafft so etwas. Das Münchner Vier-Trainer-Jahr wird aus vielerlei Hinsicht in Erinnerung bleiben. An erster Stelle natürlich wegen der Revitalisierung der Mannschaft durch Heynckes. Dann aber auch noch durch die Tatsache, dass erstmals seit der Entdeckung des Syndesmosebandes sämtliche Feldspieler der Münchner im Frühjahr einsatzbereit sind. Gegen Schalke war daher für Sebastian Rudy nicht einmal mehr Platz auf der Bank und der wiedergenesene Thiago kann noch bis zur Partie am kommenden Samstag in Wolfsburg an seinem Formaufbau arbeiten.
Lediglich die Rückkehr von Manuel Neuer auf den Platz entwickelt sich zum Wettlauf mit der Zeit. Der Stammtorwart kuriert immer noch seinen im September erlittenen Mittelfußbruch aus. Bis zum 18. Februar setzt er seine Reha – in Absprache mit der medizinischen Abteilung – „in wärmeren Gefilden“fort, teilten Münchner mit. Wo genau der Torwart an seinem Comeback arbeitet, wollte der Verein nicht verraten.
Zu den Besonderheiten der Saison gehört auch, dass es den Bayern derzeit egal ist, nicht auf den weltbesten Torhüter zurückgreifen zu können. Sven Ulreich zeigte auch beim 2:1-Erfolg gegen Schalke einige sedie henswerte Paraden und kann mittlerweile auch derart ins Spiel eingebunden werden, ohne dass ein Raunen das Stadion erfasst. Nachdem Robert Lewandowski (6.), Franco Di Santo (29.) und Thomas Müller (36.) bereits in den ersten 45 Minuten für den Endstand gesorgt hatten, überraschte während der Pause der als Zuschauer anwesende Bundestrainer Joachim Löw. „Er ist in unserem Blickfeld für die WM in Russland“, sagte er über Ulreich. Tags drauf gaben die Münchner bekannt, dass sie den auslaufenden Vertrag des Torwarts bis 2021 verlängert haben. Bis zuletzt hatte der Keeper überlegt, ob er zu einem Verein wechselt, bei dem er auf Dauer Stammtorwart ist.
Die Münchner jedenfalls zeigten auch ohne nominelle Nummer eins und Cheftrainer zusammen mit den Schalkern eine der besten Bundesliga-Partien dieser Saison. Und dass die Gelsenkirchener am Ende nicht mit einem Punkt für ihren mutigen Auftritt belohnt wurden, lag eben auch an Ralf Fährmann im Tor, den an beiden Gegentreffern eine Mitschuld traf. Den Bayern bleiben indes die Gewissheiten eines starken Rückhalts im Tor und – fast noch wichtiger – nicht zwingend auf die Fähigkeiten von Jupp Heynckes angewiesen zu sein.
Bayern München Ulreich – Kimmich, Boateng (71. Süle), Hummels, Alaba – Vi dal – Robben, Müller, James Rodríguez (81. Javi Martínez), Ribéry (77. Coman) – Le wandowski FC Schalke 04 Fährmann – Stambouli, Naldo, Kehrer – Schöpf, Meyer (59. Oczipka), Goretzka, D. Caligiuri – Em bolo, Di Santo (77. Konopljanka), Burgstal ler (65. Harit) Tore 1:0 Lewandowski (6.), 1:1 Di Santo (29.), 2:1 T. Müller (36.) Zu schauer 75 000 Schiedsrichter Stieler (Hamburg)