Jenseits der Geschlechtergrenze
Die Kaufbeurerin Sarah Effenberger designt feminine Männerkleidung
Kaufbeuren/Berlin Ist es ein Mann oder eine Frau? Auf den ersten Blick lässt sich das nicht klar erkennen. Einerseits trägt das Model einen Kurzhaarschnitt, die Gesichtszüge sind jungenhaft und die Figur wenig kurvenreich. Andererseits ist das Outfit mit dunkelroten Blüten übersäht, aus zarter Seide und wirkt dadurch sehr feminin. Die Grenzen zwischen den Geschlechtern scheinen zu verschwimmen – genau das ist Sarah Effenbergs Ziel.
Die 31-Jährige ist Designerin und lebt in Berlin.
Dort hat die gebürtige Kaufbeurerin ihre Marke „Fomme“gegründet.
Mit 19 Jahren verließ Effenberger die Wertachstadt, um in Berlin Modedesign zu studieren. 2015 machte sie an der Universität der Künste ihren Master. Dafür musste sie eine Kollektion entwerfen – und an dieser Stelle hatte sie Glück. Denn die Chefredakteurin der deutschen Ausgabe der Modezeitschrift Christiane Arp, entdeckte Effenberger. Viermal nahm sie daraufhin am „Vogue Salon“teil, bei der Nachwuchsdesigner auf der Berliner Fashion Week ihre Arbeit zeigen dürfen. „Ich bin gesegnet, dass schon so früh Interesse an meiner Mode da war“, sagt Effenberger jetzt.
Ihre Kleidung beschreibt sie als elegant, tragbar, alltagstauglich, aber auch extravagant. Begriffe, die im ersten Moment an Frauenmode erinnern. Dabei entwirft die Designerin für Männer. Und das aus ver- schiedenen Gründen. Zum einen fehle ihr die Gleichberechtigung in der Mode. „Männer waren bis ins 18. Jahrhundert die bunten Pfauen, das haben sie irgendwann verloren“, findet sie. Die Frau dürfe alles tragen, der Mann solle aber vor allem der ernst zu nehmende Ernährer bleiben. Das möchte sie ändern, indem ihre Kleidung auch feminine, verspielte Züge hat. Zum anderen sieht sie sich selbst als „schwulen Mann im Körper einer Frau“, erläutert sie. Somit entwerfe sie ihre Mode auch für sich.
Deshalb geht Effenberger auch einen Schritt weiter: Seit ihrer neuesten, fünften Kollektion ist ihre Kleidung nicht nur in Männer-, sondern auch in Frauengrößen erhältlich. Das erklärt auch den Namen ihres Labels: Fomme setzt sich aus den Wörtern Femme und Homme zusammen, also Frau und Mann. „Es gibt nun einmal die Biologie, das ist gut so. Deshalb ist es mir wichtig, auf beide Körperformen einzugehen“, sagt sie.
Funktioniert dieses Prinzip in Deutschland? „Nein“, gibt sie zu. Es sei schon in Berlin schwierig, Kunden zu finden, denn „das ist keine Modestadt“. In Kaufbeuren sei das sogar unmöglich. Ein Grund, warum sie sich entschied, wegzuziehen. Käufer habe sie vor allem in Japan. Deutsche seien dafür in der Regel nicht offen genug.
„Für das, was ich mir vorgestellt habe, konnte ich nicht in Kaufbeuren bleiben.“Trotzdem schlägt ihr Herz noch fürs Allgäu. „Wenn ich dort bin, werde ich zum schlimmsten Touristen“, sagt sie lachend. Viermal im Jahr komme sie noch in die Wertachstadt, um ihre Familie zu besuchen.