Friedberger Allgemeine

Patriarch und Pionier

Der ehemalige Tengelmann-Chef Erivan Haub ist mit 85 Jahren gestorben

- VON SARAH SCHIERACK Zeit.

Augsburg Als junger Mann wurde Erivan Haub in Chicago zwei Mal überfallen. Die Täter attackiert­en ihn mit einem Messer, Haub wich beide Male aus. In einem Interview hat der langjährig­e Tengelmann­Chef später einmal erzählt, er habe intuitiv gefühlt, dass etwas Schlimmes passieren würde. Dieses ihm eigene Bauchgefüh­l habe ihn später so erfolgreic­h gemacht. Haub gehörte wie die Aldi-Brüder Karl und Theo Albrecht oder LidlGründe­r Dieter Schwarz zu den großen HandelsUnt­ernehmern der Nachkriegs­zeit. Jetzt ist er im Alter von 85 Jahren überrasche­nd gestorben.

Haub wurde 1932 in eine Händlerfam­ilie hineingebo­ren. Seine Mutter gehörte zur Mülheimer Unternehme­rdynastie Schmitz-Scholl, die unter anderem eine Kaffee-Importgese­llschaft namens Tengelmann betrieb. 1963 stieg Haub in das Familienun­ternehmen ein. Als sein Onkel Karl Schmitz-Scholl sechs Jahre später starb, wurde der junge Neffe über Nacht zum Chef.

Tengelmann zählte zu diesem Zeitpunkt bereits 427 Lebensmitt­elfilialen, der Jahresumsa­tz lag bei 1,4 Milliarden Mark. Haub bezeichnet­e die Handelsket­te damals als „solide, aber bescheiden“. Der junge Unternehme­r wollte mehr erreichen, in den USA hatte er gelernt, groß zu denken. 1971 übernahm er den Konkurrent­en Kaiser’s, später gründete er den Discounter Plus, schluckte den Baumarkt-Konzern Obi und brachte den Textildisc­ounter Kik auf den Markt.

Eine Reise auf die Galapagos-Inseln machte Haub später zu einem Öko-Pionier. Haubs Frau Helga war so erschütter­t vom Leid der uralten Schildkröt­en dort, dass sie ihren Mann 1984 dazu brachte, Schildkröt­ensuppe aus dem Sortiment zu nehmen. 1987 verbannte der Unternehme­r phosphatha­ltige Waschmitte­l aus seinen Regalen, ab 1988 verzichtet­en Kaiser’s und Tengelmann auf Sprays mit FCKW.

Nach seinem Abtritt wurde allerdings deutlich, dass Haub die Unternehme­nsgruppe zu breit aufgestell­t hatte. Unter Haubs Sohn KarlErivan folgte eine schmerzhaf­te Sanierung. Ende 2016 verabschie­dete sich Tengelmann in einem über Jahre geplanten Schritt von den Geschäften, die die Keimzelle des Familienun­ternehmens waren: Edeka und Rewe übernahmen die rund 400 Tengelmann-Filialen. Haub hatte die anstehende­n Veränderun­gen schon 2012 kommentier­t. Man müsse wachsen und auch mal wieder schrumpfen können, sagte er der

Aber auch das wolle gelernt sein.

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Foto: dpa Die deutschen Autobauer investiere­n be sonders viel in E Mobilität.
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Erivan Haub

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