Bayern feiern
Beim schwäbischen Festakt zum bayerischen Doppeljubiläum geht es um die Themen Integration und gelebte Vielfalt. Warum die Musik dabei eine besondere Rolle spielt
Augsburg 200 Menschen in einem Saal. Burschen in Lederhosen, junge Frauen mit Kopftüchern und in Abendkleidern, Männer in Uniformen und jede Menge Schlipsträger. Wenn all diese Menschen im Kanon „Viel Glück und viel Segen“singen sollen – dann kann das funktionieren. Muss es aber nicht. So sei das eben mit der Integration, erklärt Mark Mast, Chefdirigent des Kammerorchesters der Bayerischen Philharmonie, ehe er seinen Dirigentenstab anhebt. Es ist das Finale des schwäbischen Festaktes im bayerischen Jubiläumsjahr.
100 Jahre Freistaat, 200 Jahre Verfassungsstaat. „Zwei große Jubiläen für ein großes Bayern“, sagte Integrationsministerin Emilia Müller zur Eröffnung der Feierlichkeiten im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses. Diese stehen unter dem Motto „Unsere Heimat – weltoffen und vielfältig“. Für solch eine Veranstaltung sei Augsburg der ideale Ort, schließlich habe die Stadt deutschlandweit einen der höchsten Migrationsanteile, erklärt Müller. Von rund 290000 Einwohnern hätten rund 135 000 einen ausländischen Hintergrund. Wo könne man also besser über gelebte Vielfalt und gelingende Integration sprechen als in der schwäbischen Hauptstadt?
Genau das wurde dann unter der Anleitung von Fernsehmoderator Amiaz Habtu in bunter Runde auch getan. Die Quintessenz: Ohne das Wörtchen „aber“scheint eine Diskussion über Integration kaum möglich zu sein. Wir fördern die Integration, sagte Ministerin Müller, aber wir fordern sie auch ein. Wir sind weltoffen, sagte Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl, aber damit einher gehen auch große Herausforderungen. Wir tun schon viel, sagte die Grünen-Politikerin Katharina Schulze, aber wir müssen noch viel mehr tun. Integration ist unabdingbar, sagte die Augsburger Studentin Büsra Köse, aber sie darf nicht bedeuten, dass jeder Mensch seine Identität über Bord werfen muss. Vielfalt kann Rückschritte bedeuten, sagte Unternehmer Amir Roughani, vor allem aber auch eine Chance für Fortschritt.
Und so liegt es an diesem Abend schließlich an der Musik, zu beweisen, dass Integration auch ohne „aber“auskommen kann. Neun Streicher habe er mitgebracht, erzählt Dirigent Mast, aus insgesamt zehn Nationen. Das sei Standard bei den Bayerischen Philharmonikern. Dann hebt er seinen Dirigentenstab – und 200 Menschen singen dem Freistaat im vierstimmigen Kanon ein „Viel Glück und viel Segen“. Es klingt gut.
Am heutigen Samstag gehen die Feierlichkeiten weiter. Im Kongress am Park in Augsburg findet ein „Fest der Begegnung“statt. Mitfeiern dürfen Menschen, die sich aktiv für die Integration und gelebte Vielfalt einsetzen. Allerdings nur geladene Gäste. Schade eigentlich.