Friedberger Polit Persiflage ausgebremst
Laiengruppe plant Stück über „Roland Reichmann“, „Erika Eser-Huberth“und Feng Shui. Premiere abgesagt
Friedberg „Die Qual der Wahl“heißt ein satirisches Theaterstück über Friedberger Polit-Themen, das gestern Abend in der Mittelschul-Mensa Premiere haben sollte. Es war als Persiflage auf Bürgermeister Roland Eichmann gedacht – im Stück vertreten als Robert Reichmann. Die Handlung: Die Bürgermeisterwahl steht kurz bevor, und im Büro Reichmanns überschlagen sich die Probleme: Schlechte Presse wegen des FengShui-Gutachtens im Schloss, Ärger mit dem Dienstwagen, dem Hund Paris und der Gegenkandidatin Erika Eser-Huberth von den Grünen. Auch gesellschaftliche Themen wie Flüchtlinge kommen vor. Doch aus der Premiere wurde nichts. Der Grund: Die Laiengruppe junger Menschen rund um den 28 Jahre alten gebürtigen Friedberger Tobias Hilgers erhielt die Mensa nicht als Aufführungsort von der Stadt.
Zensur also? Bereits viermal hatte Hilgers mit seiner Gruppe Theaterstücke in der Mensa gezeigt, wobei immer die Vhs Veranstalter war. Die gestalteten sich alle harmlos. Dieses Mal wollte man gute Unterhaltung bieten, ohne aber Bauerntheater zu spielen. Die Vhs sah in dem Inhalt jedoch ein Problem. Zu politisch sei das Stück, man müsse neutral bleiben, hieß es. Die Bildungseinrichtung wollte nicht mehr als Veranstalter fungieren. Das bestätigte eine Mitarbeiterin – die Leiterin war an den vergangenen Tagen nicht im Haus – nun auch auf Anfrage unserer Zeitung.
Hilgers traf sich daraufhin mit Eichmann, der im Vorstand der Vhs sitzt. Zu einer Einigung führte das Gespräch nicht. Hilgers betonte, es handle sich nicht um ein politisches Stück, es würden nur einige lokalpolitische Ereignisse aufgegriffen. Das Ziel sei Unterhaltung. Vor allem eines davon ging Eichmann jedoch gründlich an die Nieren, wie er selber einräumt: das Feng-ShuiGutachten für das Schloss, über das unsere Zeitung – und in der Folge auch viele andere Medien – im Jahr 2015 berichtet hatte. „Ich will keine Zensur ausüben, aber ich bin nicht bereit, das zu akzeptieren“, sagte er auf Anfrage unserer Zeitung.
Es gehöre zu einem Amt, aufs Korn genommen zu werden, aber Scherze bei einer Fastenpredigt oder im Fasching seien etwas anderes als ein Theaterstück, das in einem städtischen Gebäude gezeigt wird. Laut Hilgers drohte der Bürgermeister mit rechtlichen Konsequenzen. Eichmann erklärt dazu: „Ich hätte mir das Stück angeschaut, und Konsequenzen gehen nur rechtlich.“Er betont aber, dass nicht er die Theatertruppe ausgeladen habe. Allerdings halte er für „schlechten Stil“, Ressourcen der Stadt für so ein Stück zu nutzen und nicht von Beginn an mit offenen Karten zu spielen.
Man ging jedenfalls nach dem Gespräch uneinig auseinander. Eichmann schlug vor, Hilgers solle ihm das Stück vorab zu lesen geben. Dieser lehnte jedoch ab und berief sich auf die Freiheit der Kunst.
Der Bürgermeister schrieb danach eine E-Mail an die Volkshochschule. Er habe darin keine Anweisungen gegeben, doch dargestellt, dass er nicht amüsiert ist, bekräftigte er. Daraufhin verabschiedete sich die Volkshochschule endgültig als Veranstalter. Und damit war die Mensa als Aufführungsort erledigt.
Hintergrund: In dem Bau finden laut Bürgermeister Eichmann grundsätzlich nur städtische Veranstaltungen statt. Bei der Vhs sei die vertragliche Grundlage dafür die Beteiligung der Stadt. An Theatergruppen, aber zum Beispiel auch Parteien, werde sie grundsätzlich nicht vermietet – egal mit welcher Veranstaltung.
Die Theatertruppe fand allerdings keinen anderen Aufführungsort. Zwar waren 1000 Flyer für das Stück gedruckt, die beiden Aufführungen sagte die Gruppe jedoch ab. Nicht zuletzt haben die Schauspieler Angst, dass die Volkshochschule künftig nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten will. „Schade, es gab einiges Interesse“, sagt Hilgers.