Kurz macht nicht mit
Warum Österreich keine Russen ausweist und welche Rolle der Kanzler spielt
Augsburg Oktober vergangenen Jahres: Sebastian Kurz gewinnt die Wahl in Österreich – und in Wien klingelt das Telefon. Sergej Lawrow ist dran. Der russische Außenminister gehört zu den ersten Gratulanten. Wenige Wochen später revanchiert sich der neue Bundeskanzler: Seine erste Reise außerhalb der EU führt in den Kreml. Immer wieder betont Kurz, dass er ein Brücken- bauer zwischen Ost und West sein will. Was er darunter versteht, zeigt er jetzt. Wegen des Giftanschlags auf einen Ex-Spion in England weisen 26 Staaten und die Nato in einer gemeinsamen Aktion insgesamt 141 russische Diplomaten und Geheimdienstler aus. Österreich nicht. „Wir finden die Entscheidung richtig, machen aber nicht mit“, sagt Kurz. Warum? Das erklärt sein Regierungssprecher – auf dem russischen Propaganda-Portal „Wir beabsichtigen, die Kanäle für den Dialog mit Russland offen zu halten. Österreich ist ein neutrales Land und eine Art Brücke zwischen Ost und West.“Kurz’ Koalitionspartner steht voll hinter dieser Position. Die FPÖ hat sich immer wieder über den vermeintlichen „Sanktionswahnsinn“gegen Moskau empört. Seine selbst gewählte Rolle als Vermittler zwischen dem Westen und Moskau wird Österreichs Kanzler bald spielen müssen. Denn Lawrow kündigte bereits Vergeltung für die Ausweisung seiner Landsleute an: „So eine Gemeinheit will niemand einfach hinnehmen, auch wir werden das nicht tun.“