Randale im Sozialamt: Bewährungsstrafe
Ein Asylbewerber wollte Geld statt Lebensmittelgutscheine. Als er es nicht erhielt, rastete er aus und verletzte drei Polizisten. Auch seine Ehefrau ist nun vom Amtsgericht verurteilt worden
Es gibt Amtsstuben wie etwa im Standesamt, aus denen die Kunden eher mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht wieder nach Hause gehen. Beim Sozialamt ist das häufig anders. Hier sind Konflikte oft programmiert.
Wie Ende Oktober 2017, als ein nigerianisches Ehepaar mit einem drei Monate alten Baby dort vorsprach, um Geld statt LebensmittelGutscheine zu erhalten. Das Geschehen eskalierte derart, dass die Polizei gerufen wurde. Acht Beamte waren notwendig, um das sich mit allen Mitteln wehrende Paar zu überwältigen. Drei Polizisten erlitten dabei Verletzungen.
Gestern standen der Ehemann, 33, und seine Frau, 30, vor Gericht. Der abgelehnte Asylbewerber hatte
ROT GILT AUCH FÜR RADFAHRER!“schreit eine Stimme aus dem Auto neben mir rüber, während wir beide auf Grün warten. Kurz bin ich verwirrt. Ich muss meinen Weg aber nicht weit rekonstruieren, um zu verstehen, dass er die Ampel vor 50 Metern meint, wo es von der Neuburger Straße rechts in die Schillstraße geht. Ich lächle, denn ich kenne sein Problem: Es ist eines dieser verwirrenden Nebenprodukte einer hastigen Umsetzung der Novelle der Straßenverkehrsordnung vom Januar 2016.
Es ist eine meiner Lieblingsampeln. Denn ich darf dort über Rot fahren. Ganz legal. Sie lesen richtig. Da ich annehme, dass Sie das nun für einen Aprilscherz halten, hole ich gern aus: An dieser Stelle der Neuburger Straße fahre ich legal auf der Fahrbahn stadteinwärts. Nach der Einmündung der Schillstraße wird der Gehweg zur freiwilligen Benutzung für den Radverkehr freigegeben. Wenn man dieses Angebot wahrnehmen möchte, so soll man in der Vorstellung des Verkehrsplaners dies auch schon beim Queren der Schillstraße tun und die Fußgängerfurt benutzen. Und genau hierbei gilt dann diese Ampel. Aber ich fahre ja auf der Fahrbahn, nutze die Fußgänger-/Radfahrer-Furt nicht und somit gilt für mich auch die Ampel für den Allgemeinverkehr. Ich weiß das. Der Anfang Oktober bei Amazon in Graben einen Job gefunden. Sein Problem: Der Lohn sollte erst am 15. November ausbezahlt werden. Das Paar brauchte Geld – der Ehemann, um sich ein Zugticket für die Fahrt zur Arbeit zu kaufen. Beim Sozialamt an der Stadtmetzg allerdings wollte man dem Paar, wie in solchen Fällen wohl üblich, lediglich Gutscheine für Lebensmittel geben.
Als die Diskussion immer heftiger wurde, übergab man dem kaum Deutsch sprechenden Paar ein schriftliches Hausverbot. Weil es nicht gehen wollte, rief man die Polizei. Es kam zu einer wilden Auseinandersetzung. Der Ehemann biss unter anderem einem Beamten in die Finger, ein zweiter erlitt einen Bruch seines Mittelhandknochens, war sechs Wochen dienstunfähig.
Die Ehefrau soll bei dem Widerstand ihr Baby wie ein Schutzschild vor sich gehalten haben, was sie jetzt allerdings im Prozess vor Amtsrichterin Susanne Scheiwiller bestritt. Ansonsten räumte sie über ihren Anwalt Thomas Kaupa alle Vorwürfe der Anklage ein, wie auch Verteidiger Ralf Schönauer, der im Namen des angeklagten Familienvaters das Geschehen bedauerte und um Entschuldigung bat. Angst und Panik seines Mandanten hätten zu der gewalttätigen Eskalation geführt.
Richterin Scheiwiller verurteilte das Paar wegen Widerstands und Körperverletzung, den Ehemann zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten, die Frau zu einer Geldstrafe von 800 Euro (80 Tagessätze zu je zehn Euro). Der Haftbefehl gegen den Mann, der fünf Monate in Untersuchungshaft saß, wurde aufgehoben. Dem am schwersten verletzten Polizisten sprach das Gericht ein Schmerzensgeld von 2000 Euro zu. Die Richterin kritisierte in der Urteilsbegründung die „tief greifende Respektlosigkeit“der Angeklagten, deren Anspruchsverhalten zu der Auseinandersetzung geführt habe. Dabei sei auch das Baby einer Gefahr ausgesetzt gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Wie berichtet, hatte die Stadt den Vorfall zum Anlass genommen, neue Sicherheitsvorkehrungen im Sozialamt einzuführen. Seit November patrouillieren zwei Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma in dem Gebäude, in dem auf drei Etagen etwa 100 Menschen arbeiten.
Der Security-Dienst ist vor allem in den Bereichen unterwegs, in denen die Behördenmitarbeiter persönlich in Kontakt mit Bürgern sind.
Die private Sicherheitsfirma ist vorerst noch bis Ende Mai engagiert. Parallel dazu ist die Stadt dabei, ein Sicherheitskonzept auch für andere Dienststellen zu erarbeiten.
So werden unter anderem jene Stellen überprüft, die einem speziellen Kontakt mit Bürgern ausgesetzt sind, wozu neben dem Sozialamt auch das Familienamt, der Verkehrsüberwachungsdienst und die Bürgerbüros zählen.
Zunächst gab es ein schriftliches Hausverbot
Auch das Baby war einer Gefahr ausgesetzt