Brütet der Storch?
Ein Paar übernachtet auf dem Dach beim Wirtshaus Andechser. Der Vogelschützer Gerhard Mayer aus Friedberg rät, sich nicht zu früh zu freuen
In Mering hat sich ein neues Storchenpaar auf dem Dach des Wirtshauses Andechser niedergelassen. Ob es wohl bleibt?
Mering Wenn es um den Weißstorch im Altlandkreis Friedberg geht, ist das südliche Paartal eine regelrechte Diaspora. So bezeichnet es jedenfalls Gerhard Mayer, Mitglied im Landesbund für Vogelschutz im Landkreis Aichach-Friedberg (LBV). Der Artenschützer aus Friedberg ist seit vielen Jahren im Vogelschutz aktiv und kennt sich bestens in der Gegend aus. Doch vielleicht ist der Süden schon bald kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte für den Storch, denn an Ostern wurde ein Paar auf dem Dach beim Wirtshaus Andechser in Mering gesichtet.
Doch auch wenn die Bürger der Marktgemeinde regelrecht begeistert über den Neuankömmling sind und Gerhard Mayer bereits informiert haben, so rät dieser doch zur Besonnenheit. „Cool bleiben und nicht zu früh freuen“, lautet seine Devise.
Denn der Frühjahrszug der Weíßstörche sei noch nicht abgeschlossen. Und es könne genauso gut sein, dass die Tiere nur Rast machen in Mering. Auch in der Nähe von Schmiechen wurden ihm zufolge drei Exemplare gesichtet. Zudem fehle noch ein Storch in Bachern, wo seit 2015 ein Paar brütet. Ältere Bürger aus Mering und Umgebung können sich nicht erinnern, nach dem Krieg brütende Störche in Mering gesehen zu haben. Dabei sei das südliche Paartal eigentlich für die Großvögel geeignet.
„Es gibt genügend Nahrung und der Wechsel zwischen Acker- und Wiesenflächen ist gegeben“, erklärt Mayer. Ein Beweis für diese idealen Bedingungen seien die Grau- und Silberreiher, die sich im südlichen Paartal aufhalten. „Sie haben dieselben Anforderungen an Nahrung wie der Weißstorch und sie fühlen sich hier wohl“, so Mayer.
Im Altlandkreis Friedberg sind brütende Störche nur in Friedberg nachgewiesen. Während des Krieges und bis in die 1950er-Jahre nisteten in Friedberg Weißstörche auf einem Altbau der Bauernbräustraße. Nahrung fanden sie auf den Wiesen Unterm Berg, wo sich später die Firma Segmüller ansiedelte.
Während der Erfassung der Avifauna für den Atlas „Brutvögel in Bayern“in den Jahren 1996 bis 1999 lebten in Bayern nur 123 Brutpaare des Weißstorchs. In den Landkreisen Augsburg und Aichach-Friedberg gab es nur ein einziges Storchenpaar. Der gefragte Brutplatz bestand am Oberen Tor in Pöttmes. Und so galt die Art in Bayern als sehr seltener Brutvogel. Im folgenden Jahrzehnt vergrößerte sich bayernweit das Brutareal. Der Weißstorch bewohnte nach und nach Talräume von Donauzuflüssen in West- und Mittelbayern und das bayerische Donaumoos. 33 Jahre unterstützte der Freistaat Bayern das „Schutzprogramm Weißstorch“beim Landesbund für Vogelschutz in Hilpoltstein. Die bayerische Population der Störche hat sich auf knapp 500 Brutpaare erholt.
Das Artenhilfsprogramm wurde 2017 beendet. Aber nach wie vor sind ehrenamtliche Artenschützer in Bayern tätig und versuchen, mit Rat und Tat den Brutbestand zu halten. Grenzen werden vor allem gesetzt durch die Ausweitung industrieller Landwirtschaft. Wenn, wie beim Pöttmeser Ortsteil Schnellmannskreuth, Folienwirtschaft bis zum Horizont dominiert, werde alles Leben erstickt, so Mayer. Außer den Landwirten profitierten nur noch Wildschweine, wenn sie nachts die Felder umwühlen.
Die Zahl der bayerischen Storchenbrutpaare stieg von 115 (2002) auf fast 500 (2017). Die Besiedlung des Paartales erfolgte über Hörzhausen (einmalig 1994, konstant ab 2004) und Schrobenhausen (2003). Eine neue Nisthilfe in Aichach ist seit 2012 angenommen. Im selben Jahr bauten Störche auf einem Elek- tromast in Dasing ein Nest und zogen Junge auf. In Grimolzhausen brüteten 2014 erstmals in der Nachkriegszeit Störche. Weitere siedelten sich 2015 in Bachern auf einem Strommast an und brachten einen Jungstorch zum Ausfliegen.
Warum sich aber in den vergangenen Jahrzehnten die Störche weder in Kissing, wo es sogar eine Nisthilfe auf dem Dach von Gut Mergenthau gibt, noch in Mering niedergelassen haben, ist laut Mayer schwer zu sagen. Störche seien unberechenbar. Seit Ostermontag versucht nun ein Paar, in der Meringer Ortsmitte ein Nest zu bauen. Es bleibe abzuwarten, ob dies gelingt. Für Weißstörche sei das Paartal eine gute Adresse, das bewiesen alljährlich die erfolgreichen Storchenpaare in Dasing, Aichach, Hörzhausen und Schrobenhausen.
Gerhard Mayer machte sich gestern auf nach Mering, um nachzusehen, wie ernst es dem Brutpaar ist. Sein Fazit: „Es liegen ein paar Zweige auf dem Kamin. Kritisch sehe ich, dass nach Aussage von LBVLeuten die Störche mehrfach kopuliert haben. Ein Nest auf diesem Kamin wäre nicht zu verantworten.“